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Eine glanzvolle
Höchstleistung

NWD zu Komponisten-Geburtstagen

Von Wolfgang Günther
Paderborn (WV). In der Werkauswahl zum vierten Sinfoniekonzert in der Paderhalle hatte sich die Nordwestdeutsche Philharmonie, die unter der Leitung von Carlos Miguel Prieto spielte, auf die beiden Geburtstagsjubiläen von Mozart und Schostakowitsch eingestellt.

Zu seinem 250. Geburtstag ehrte das Orchester Mozart mit zwei Werken des jungen Meisters. Den Auftakt bildete die Sinfonie Nr. 25 KV 183, die »Kleine g-Moll-Sinfonie«. Obwohl in der Molltonart gehalten, strahlt sie jugendlichen Schwung, Frische und Lebensfreude aus. Diese fröhliche Grundstimmung ließ Prieto in seiner Interpretation in jedem Detail durchscheinen, wobei er sein besonderes Augenmerk auf eine rhythmisch akzentuierte und in der Tongebung elastische Spielweise legte.
Die zeitweilige Hinwendung zur »Mannheimer Schule«, die unter anderen Neuigkeiten das Crescendo als Ausdrucksmittel verwendete, hat auch den 17-jährigen Mozart veranlasst, solch ein Novum in seinen Kompositionen zu verwenden. Prieto legte die Crescendo-Teile in seiner Interpretation genau und wirkungsvoll an. Überhaupt spielte die dynamische Komponente bei ihm eine wichtige Rolle; schroff stellte er die dynamischen Gegensätze nebeneinander oder er gab ihnen wirkungsvolle dynamische Steigerungen.
Diese kompositorischen und ausdrucksmäßigen Stilmittel zeigen Mozart in der Auseinandersetzung mit der »Sturm und Drang«- Epoche. Sehr einfühlsam gespielt war das Andante, das so einen entspannenden Gegensatz zum ersten Satz bildete. Im Trio des dritten Satzes konnten die Bläser des Orchesters ihre Instrumentalkunst vorführen. Das Orchester ließ sich gern und engagiert vom Dirigenten in der Gestaltung führen und reagierte punktgenau und klanglich farbig und erfrischend.
Nicolas Koeckert war der Solist des Violinkonzertes Nr.4 D-Dur KV 218 von Mozart. Er vermochte es, durch seine singende Tongebung, die zudem stets brillant war, zu begeistern. Auch in der Kadenz des ersten Satzes behielt er diese schlanke Tongebung.
Seine Spieltechnik war so perfekt, dass es ihm gelang, alle Schwierigkeiten mit einer frappierenden Leichtigkeit und glanzvollem Ton zu meistern. Seine Fähigkeit, äußerst sensible dynamische Schattierungen zu entwerfen, wurden durch ein stellenweise zu vordergründig begleitendes Orchester leicht überdeckt. Als Zugabe schenkte Koeckert den Zuhörern noch die Sarabande aus der Partita d-Moll für Solovioline von Bach: ebenfalls eine Interpretation, die einen nachhaltigen Eindruck hinterließ.
Im zweiten Teil des Abends ehrte das Orchester Schostakowitsch zu seinem 100. Geburtstag mit der Aufführung seiner 9. Sinfonie in Es-Dur op. 70. Die Übernahme klassischer Kompositionselemente in dieser Sinfonie lässt sogar eine geistige Brücke zwischen Mozart und Schostakowitsch entstehen. So ist auf verschiedenen Ebenen eine unbedingte Transparenz in den Werken der beiden Jubilare zu erkennen; klar ist die formale Anlage und ebenso die melodisch-harmonisch Struktur - natürlich mit der Klangvorstellung des 20. Jahrhunderts, auch der solistisch geprägte Orchestersatz erleichtert das differenzierte Hören.
Hierbei waren vor allem die hervorragend disponierten Bläser hervorzuheben: technisch makellos und mit brillanter Tongebung gestalteten sie ihren Part. Prieto glänzte durch eine äußerst präzise Zeichengebung, durch die er das engagierte und präzise reagierende Orchester zu einer glanzvollen Höchstleistung führen konnte.

Artikel vom 20.01.2006