21.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die »aktiven Alten« kommen

Stadt Paderborn bereitet sich auf bevorstehenden Bevölkerungswandel vor

Von Andrea Pistorius (Text)
und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn (WV). Auch Paderborn wird älter. In zehn Jahren wird mehr als ein Viertel der Bewohner der Generation 60-plus angehören. Das stellt die Menschen in der Domstadt, die caritativen Organisationen und die Stadtverwaltung vor neue, große Aufgaben. Michael Kramps, Leiter des Seniorenbüros, hat bereits eine Reihe von Projekten angestoßen.

Bei allen seinen Überlegungen lässt sich der Verwaltungswirt von dem Grundsatz leiten, den Senioren so lange wie möglich eine aktive Rolle in der Gesellschaft zu belassen. »Der alte Mensch ist keine Last, sondern eine Bereicherung in unserem Leben«, versucht Kramps allein durch seine positive Einstellung bei künftigen Projektpartnern Engagement zu wecken. Sein »Aktionsplan für Seniorenarbeit« fußt deshalb auf zwei Leitlinien der NRW-Familienpolitik: auf dem so genannten Kompetenzmodell (aktive Teilnahme am Leben) und auf dem Konsensmodell (Miteinander der Generationen).
Was unter Wissenschaftlern und Bürokraten noch auf einer sachlichen Ebene diskutiert wird, füllt Michael Kramps längst mit Leben. Dabei konzentriert er sich auf fünf Handlungsfelder, sucht Partner in allen gesellschaftlichen Kreisen und hält beständig Kontakt zu Senioren, um deren Bedürfnisse und Wünsche kennenzulernen.
Wohnen: Ausgehend von der Tatsache, dass ältere Menschen möglichst lange in ihrem gewohnten Umeld wohnen bleiben und keinesfalls isoliert in einem Altenghetto leben möchten, unterstützt Kramps die Entwicklung neuer Wohnformen. Paderborner Wohnungsbau-Unternehmen und Wohlfahrtsverbände arbeiten bereits an Mehrgenerationenhäusern und Wohnkomplexen mit integrierter Pflegeabteilung.
Begegnung und Vorsorge: Das Angebot an Seniorenbegegnungsstätten in Paderborn möchte Kramps stärker vernetzen und ihre Attraktivität durch neue Programmpunkte verbessern. Partner könnten dabei die Volkshochschule oder die Musikschule sein. Um den Kontakt zwischen den Generationen zu fördern, hat der 52-jährige Familienvater aus Bad Wünnenberg mit den Kindergärten in der Stadt Kontakt aufgenommen und sie ermutigt, Gast-Großeltern einzuladen. Die Senioren kommen stundenweise, um sich mit den Kleinen zu beschäftigen.
Erfahrungswissen und Bürgerengagement: Menschen im Rentenalter verfügen über einen großen Wissens- und Erfahrungsschatz, der im Ehrenamt willkommen ist und geschätzt wird. Bildungsträger könnten »aktive Alte«, wie sie im Fachjargon heißen, für künftige Aufgaben schulen; Vermittlungsbörsen sorgen für einen gezielten Einsatz. Auch in Wirtschaftsunternehmen werden Seniorexperten gern gesehen.
Gemeinwesenorientierte Seniorenarbeit: Damit diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen können, nicht in Vergessenheit geraten, bedarf es besonderer Angebote. Das können Besuchs- und Begleitdienste oder eine Telefonkette für die schnelle Hilfe in Notlagen sein. Kramps will den Aufbau dieser Einrichtungen fördern.
Seniorenwirtschaft 50-plus: Alte Menschen haben andere Ansprüche an Produkte und Dienstleistungen als junge. Wie sich lokale Unternehmer darauf einstellen können, ist ein Projekt im Anfangsstadium, das auch eine flexible Gestaltung von Arbeitsplätzen einschließt.
Der Leiter des Seniorenbüros sieht sich durch eine positive Resonanz in seinen bisherigen Anstrengungen bestätigt. »Das wichtigste ist, Vertrauen zu gewinnen und Beziehungen zu knüpfen«, sagt Kramps. Damit hat er Erfolg, denn die Zahl seiner Mitstreiter wächst.

Artikel vom 21.01.2006