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Paris besorgt wegen Irans
»kriegerischer Absichten«

Bundesregierung sieht keine Kursänderung Frankreichs

Paris/Berlin (dpa). Einen Tag nach der französischen Drohung mit Atomwaffen gegen Terrorstaaten hat der französische Generalstabschef Iran vorgeworfen, »äußerst kriegerische Absichten« zu bekunden. Damit löse Teheran »größere Besorgnis« aus, sagte General Henri Bentégeat am Freitag.
General Henri Bentégeat, französischer Generalstabschef.
Es sei nicht vorstellbar, »dass ein Staat, der das Spiel der internationalen Gemeinschaft nicht anerkennt, im Widerspruch zu allen internationalen Verträgen Atomwaffen zu erwerben versucht«.
Die Bundesregierung sieht in der Atomwaffen-Drohung des Staatspräsidenten Jacques Chirac gegen Terrorstaaten keine Kursänderung Frankreichs in der Iran-Politik. »Es gibt keinen Zweifel, dass Frankreich in enger Abstimmung mit Großbritannien und Deutschland im Kreis der EU-3 eine Position vertritt, die abgestimmt ist«, sagte Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin. Sie sei »deckungsgleich mit unserer Überzeugung«. Der Sprecher wollte Chiracs Rede nicht im Hinblick auf einen Zusammenhang zum Konflikt um das iranische Atomprogramm bewerten.
Gelassen reagierte die NATO auf die Rede Chiracs. Offiziell nahm das Nordatlantische Bündnis nicht Stellung. »Wirklich überrascht sind wir aber nicht«, sagte ein hoher NATO-Beamter in Brüssel. Der französische Präsident hatte den Einsatz der »Force de Frappe« gegen Staaten, die den Terror unterstützen oder die Energieversorgung Frankreichs gefährden, ausdrücklich nicht ausgeschlossen.
»Solche Überlegungen liegen doch nahe«, hieß es in Brüssel.
Die US-Regierung in Washington äußerte sich zurückhaltend zur Drohung Chiracs. Der US-Botschafter bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien wies eine »militärische Option« im Atomstreit mit Iran zurück. »Niemand spricht von einer militärischen Option« betonte Botschafter Gregory Shulte. Durch die geplante Einschaltung des UN-Sicherheitsrates solle vielmehr eine diplomatische Lösung erzielt werden.
UN-Generalsekretär Kofi Annan sprach sich gegen eine sofortige Einschaltung des Weltsicherheitsrats aus. »Mein Rat an die Iraner ist, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Verhandlungen weitergehen können«, sagte Annan in New York.
Teheran rief den Direktor der IAEO, Mohammed el Baradei, zur Neutralität auf. El Baradei dürfe nicht zulassen, dass der Streit den Rahmen der IAEO verlasse, forderte der iranische Gesandte bei der IAEO in Wien, Asghar Soltanieh nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars. El Baradei hatte dem Nachrichtenmagazin »Newsweek« gesagt, er sei frustriert über die iranische Atompolitik. Die Diplomatie müsse durch Druck oder im äußersten Fall auch durch Gewalt flankiert werden.

Artikel vom 21.01.2006