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Ein Prosit auf Graf Stolberg

Hobby-Historiker Andreas Böttcher knüpft Verbindung zur Brauerei

Halle (kg). Ein Dichter und Schöngeist, hoher Staatsbeamter und Freund Goethes war Friedrich Leopold Graf zu Stolberg Stolberg. Vier Jahre lebte der Adelige, dessen Leben ein erstklassiges Drehbuch für einen Film abgegeben hätte, auf Tatenhausen. In Stockkämpen fand er 1819 seine letzte Ruhestätte. Genau dort könnte man auf sein Wohl anstoßen - mit einem Bier mit dem wohlklingenden Namen »Graf Stolberg Dunkel«.

Denn es war sein jüngster Sohn, eins von 18 Kindern, Joseph Theodor Graf zu Stolberg Stolberg, der in Marsberg-Westheim 1840 ein Rittergut kaufte und acht Jahre später mit dem Verkauf eines Bieres begann, das seit alters her auf dem Gut gebrannt wurde: das Hirschbräu, wie Andreas Böttcher erzählt. Der Hirsch sei das Wappentier der Stolbergs.
Andreas Böttcher, 25-jähriger gelernter Bankkaufmann und Hobby-Historiker, der heute als Bürokaufmann in Bielefeld tätig ist, war zwei Jahre lang Ortsheimatpfleger von Obermarsberg, dem ältesten Ortsteil des 22 000 Einwohner zählenden Städtchens im Sauerland. In dieser Funktion hat er der Geschichte der offiziell 1862 gegründeten Brauerei Westheim nachgespürt, eine Geschichte, deren Wurzeln auch nach Halle reichen.
Nach wirtschaftlich schlechten Zeiten nahm erst ein Gutspächter den Betrieb der Brauerei wieder auf. Ab 1865 soll ein Braumeister namens Mergell der Westheimer Brauerei zu neuem Ansehen verholfen haben, bevor 1876 Hermann Graf zu Stolberg Stolberg die Brauerei nach modernsten Gesichtspunkten neu ausbaute.
1882 ließ er das untergärige dunkle Bier mit feinem Malzaroma brauen, das den Namen der Grafen führt. Doch obwohl es viele Freunde hatte, kam das dunkle Bier aus der Mode. Nach über 50 Jahren wurde es vorerst eingestellt zugunsten der Pils-Brauerei. Der Name »Westheimer Hirschbräu«, ein Premium Pilsener, ist heute urheberrechtlich geschützt. Die Brauerei ging 1925 an Joseph Graf zu Stolberg Stolberg über, dann 1941 an seine Tochter Marie-Antonia, die einen Klemens Freiherr von Twickel heiratete. Ihr Sohn, Josef Freiherr von Twickel, führt Brauerei und Gut seit 1980.
Er könne sich durchaus vorstellen, zum Stadtfest »Haller Willem« einen Werbestand der Brauerei einzuladen, meint der Hobby-Historiker und berichtet von den Spezialitäten der Brauerei, darunter auch ein naturtrüber »Wildschütz Klostermann«, der den »Robin Hood der Egge« im Namen trägt, ein dunkler Likör aus den Sudresten des Bieres, ein 40prozentiger Bierbrand und Saisonbiere. 60 000 Hektoliter Bier bringt die Brauerei jährlich auf den Markt - und beliefert übrigens auch den Getränkeverlag Wüllner in Bielefeld. Wer zum Beispiel das »Graf Stolberg Dunkel« kennen lernen möchte, kann es dort beziehen - und möglicherweise auch beim Haller Stadtfest kosten.

Artikel vom 20.01.2006