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Härtefallkommission gibt keine Empfehlung ab

Petitionsausschuss wird eingeschaltet - Familie droht nach 16 Jahren die Abschiebung

Westenholz (al). Seit mehr als 16 Jahren leben Sherif (45) und Ajne Vrankaj (41) mit ihren fünf Kindern in Deutschland, davon allein neun Jahre in Delbrück. Die zur Minderheit der Ashkali gehörenden Familie floh 1989 aus dem vom Bürgerkrieg tief zerrütteten Kosovo nach Deutschland. Sie wurden in ihrer Heimat zunächst von den Serben und später von den Albern verfolgt, ihr Haus wurde bis auf die Grundmauern zerstört. Der Familie droht nun die Abschiebung.

Die beiden ältesten Kinder Mirsade (21) und Ramiz (18) kamen als kleine Kinder nach Deutschland. Valmir (16), Mevlyde (14) und Medine (6) erblickten in Deutschland das Licht der Welt. Nachdem Asylanträge abgelehnt wurden, wandte sich die Familie mit Unterstützung des Flüchtlingsbeirates Paderborn im vergangenen Sommer an die Härtefallkommission des Landes NRW. 3 000 Unterschriften von Mitschülern und Lehrern der Kinder unterstützten den Antrag. Doch zeigte sich die Härtefallkommission hiervon unbeeindruckt. Sie gab keine Empfehlung ab. »Damit wird die drohende Abschiebung wieder akut«, so der Sprecher des Flüchtlingsrates Paderborn, Reinhard Borgmeier. Die Entscheidung der Härtefallkommission im November stößt beim Flüchtlingsrat auf Unverständnis, war doch ein vergleichbarer Fall einer Familie in Siegen von der Härtefallkommission positiv entschieden worden.
In einem Schreiben legte Landrat Manfred Müller Anfang Januar diesen Jahres dem Flüchtlingsrat nahe, auf die freiwillige Ausreisemöglichkeit der Familie hinzuweisen. »Dies ist für uns nicht akzeptabel«, nimmt Reinhard Borgmeier Stellung. »Die Familie ist sehr gut integriert. Wären die rechtlichen Voraussetzungen gegeben, hätten sowohl Familienvater Sherif Vrankaj als auch Tochter Mirsade Arbeit gefunden; Sohn Valmir könnte eine angebotene Lehrstelle antreten. Die älteste Tochter hat im vergangenen Jahr ihr Abitur bestanden. Würde der Familie einen Aufenthaltserlaubnis gewährt, wäre sofort eine Unabhängigkeit von der Inanspruchnahme von Sozialleistungen gegeben«, begründet Reinhard Borgmeier die Forderung auf ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland. »Ich würde gerne Deutsch auf Lehramt studieren«, berichtet Mirsade. »Allerdings brauche ich dafür eine Arbeitsgenehmigung, die mir verwehrt wird«.
Die kosovarische Familie Vrankaj beabsichtigt, sich gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat noch in dieser Woche an den Petitionsausschuss des Landtages zu wenden, um nach 16 Jahren in Ungewissheit doch noch in eine gesicherte Zukunft blicken zu können. Der Flüchtlingsrat Paderborn fordert die Ausländerbehörde des Kreises Paderborn auf, mit einer möglichen Abschiebung bis zum Abschluss des Petitionsverfahrens zu warten. Da die Familie nur noch entfernte Verwandte im Kosovo hat, wäre eine Unterbringung in Flüchtlingslagern im Kosovo nicht zu vermeiden. „Wir würden in ein völlig fremd gewordenes und zerstörtes Land abgeschoben. Unsere Kinder sprechen viel besser Deutsch als Albanisch.“ appelliert Sherif Vrankaj an die Behörden, den Zustand ständiger Angst zu beenden.

Artikel vom 20.01.2006