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Die College-Auswahl siegt

Nach dem 87:94 - drei Gründe für das Pokal-Aus der Schrönos

Von Elmar Neumann
(Text und Fotos)
Paderborn (WV). Elf Sekunden vor der Schlusssirene war es auch um den Kampfgeist Doug Spradleys geschehen. Der Coach der Schröno Paderborn Baskets nahm in Person von Tim Black, Steve Esterkamp, Marius Nolte und Michael Buse vier Fünftel seiner Starting Five vom Feld, verschaffte diesem Quartett einen angemessenen Abgang und gab eine Pokal-Partie verloren, die der Zweitligist aus Paderborn gegen den Erstligisten aus Leverkusen nicht hätte verlieren müssen. Gründe für diese Niederlage gab's einige.

»Ich habe keine Ahnung, ob wir zu viel Angst oder zu viel Respekt vor dem Rekordmeister hatten, aber wir haben das Spiel im ersten Viertel verloren«, formulierte Michael Buse eine am Mittwochabend unter den 2500 Anwesenden weit verbreitete Meinung. 20:29 stand es nach den ersten zehn Minuten, in denen nur ein Gastgeber einen wachen Eindruck hinterließ. Marius Nolte erzielte zehn der ersten 15 Paderborner Punkte und hielt den Außenseiter in der Offensive nahezu im Alleingang im Spiel. In der Defensive indes lief zunächst nichts zusammen. »Wir haben im ersten Viertel nicht verteidigt«, sparte Steve Esterkamp nicht mit Selbstkritik. Bis auf 27:45 (16.) ließen die Schrönos die Bayer Giants davon ziehen, ehe eben jener Esterkamp, der 15 Nettominuten auf seine ersten Zähler warten musste, eine Aufholjagd in bester Baskets-Manier einleitete. 15 der letzten 20 Zweitliga-Zähler vor dem Seitenwechsel gingen auf das Konto des US-Boys und plötzlich war vom Klassenunterschied nichts mehr zu sehen. »Wir haben 37 Minuten lang ein sehr gutes Spiel gemacht. Nur in den drei Minuten vor der Halbzeit hatte Paderborn das Heft in der Hand, hat Steve Esterkamp seine Würfe getroffen und damit seine Mannschaft und die Zuschauer zurück ins Spiel gebracht«, sagte Giants-Trainer Achim Kuczmann.
Nach 20 Minuten hatten sich die Baskets Bayer auf sechs Punkte genähert und blieben dran. Ob 63:66 (28.), 73:75 (32.) oder 77:80 (36.) - selbst 26 Sekunden vor Schluss und nach einem Vierpunktspiel (Dreier plus Foul) von Topscorer Esterkamp war der Underdog auf Schlagdistanz (87:91), vermochte den Favoriten aber nach der 9:8-Führung (4.) nicht ein einziges Mal mehr zu überholen. »Kompliment an mein Team. Es ist trotz des großen Paderborner Drucks nicht eingebrochen. Wer weiß, wie die Partie verlaufen wäre, wenn wir die Führung in der Endphase aus der Hand gegeben hätten«, so Leverkusens Coach.
Dies ist der Zeitpunkt, um den - neben dem schwachen ersten Viertel - zweiten Grund für die Niederlage der Schröno Baskets anzuführen. »Kein Kommentar«, lautete Doug Spradleys so kurze wie viel sagende Äußerung zur Leistung des Unparteiischen-Gespanns. Dr. Andreas Schreiner und Kai Schwarzkopf entschieden im Zweifelsfall für die Bayer Giants, gegen die Schröno Baskets und damit auch die Partie, obwohl Spradley betont: »Das Spiel haben nicht die Referees verloren, sondern wir im ersten Viertel.«
Grund Nummer drei hat einen Namen, heißt Brandon Woudstra - einer von sieben Amerikanern im Multikulti-Kader der Gäste. Immer wenn die Begegnung komplett zu kippen drohte, war der Erstliga-All-Star nervenstark zur Stelle (31 Punkte, 8/9 Freiwürfe). »Brandon hat überragend getroffen, aber auch der Rest des Teams hat gezeigt, warum wir in der ersten Liga spielen«, sagte Kuczmann, der nur auf acht seiner zwölf Akteure zurückgriff: die sechs US-Boys Woudstra, Ungerer, Basit, Lowe, Fox sowie Brown, den Esten Kangur und den Deutschen (!) Geib. »Das war nichts anderes als eine College-Auswahl«, brachte Buse sein Missfallen über das Giants-Konzept zum Ausdruck. Eine grenzenlose Form der Personalpolitik, die Doug Spradley noch stolzer auf die abermals formidable Vorstellung der Seinen machte: »Nur weil man sieben Amerikaner im Team hat, muss man nicht besser spielen. Wir haben gezeigt, dass es nicht auf gute Einzelspieler, sondern auf eine gute Mannschaft ankommt. Ohne die schwache Anfangsphase wären wir für diese Leistung mit dem Sieg belohnt worden.« Moralischer Sieger waren die sieben Deutschen und zwei Amerikaner im Trikot der Schrönos allemal.

Artikel vom 20.01.2006