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Mit kleinen Gesten viel erreicht

Manfred Andreaß berichtet im Erzählcafé aus seinem Leben

Von Peter Monke
Brackwede (WB). Manfred Andreaß hat in seinem Leben viele verschiedene Länder und Nationen kennengelernt. Zumeist waren seine Erfahrungen dabei positiver Natur, weshalb der 77-Jährige eine sehr offene Weltanschauung pflegt und leidenschaftlich für die Völkerverständigung wirbt.

Als Sohn deutscher Eltern wurde Andreaß im holländischen Den Haag geboren. Sein Vater, ein gebürtiger Ostpreuße aus Danzig, arbeitete dort als Außenhandelskaufmann für Siemens. »Ich hatte bis zum Ausbruch des Krieges eine wunderbare Kindheit«, sagt Andreaß, der gemeinsam mit vielen ausländischen Diplomatenkindern die deutsche Oberschule besuchte.
Sein erster Kontakt zu Mitgliedern fremder Kulturen. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland änderte sich jedoch vieles. Genau erinnert sich Andreaß an die ersten Pogrome, die ihn sehr bewegten: »Ich hatte schließlich auch viele jüdische Freunde.« Die Familie verließ Holland, kehrte nach Danzig zurück und blieb dort bis zum Ende des Krieges. Im Zuge der Vertreibung durch die Rote Armee verschlug es Andreaß dann nach Bielefeld, wo er von 1947 bis 1988 bei der Polizei arbeitete.
»Eigentlich wollte ich ja Förster werden, aber die wurden damals nicht gebraucht.« Deshalb sorgte er als Polizeihauptkommissar im Bereich Obernstraße, Niedernstraße und Gadderbaum für Recht und Ordnung.
Kontakte nach Holland ergaben sich erst wieder Anfang der 50er-Jahre, als er einigen Freunden in der alten Heimat die Verlobungsanzeige mit seiner Dorothea schickte, die er 1952 heiratete. »Das Verhältnis war durch die Kriegsgeschehnisse belastet und mit meinen damals 23 Jahren fand ich lange nicht die richtigen Worte«, erinnert sich Andreaß an die ersten Besuche und Gespräche. Mit kleinen Gesten habe er jedoch nach und nach das Klima entspannen können.
Erfahrungen, die er bei Reisen in die Länder ehemaliger Kriegsgegner häufiger machte. 1951 lernte er Mitglieder der französischen Fremdenlegion in Marokko kennen. England bereiste er, als seine Tochter Gabriele zwischenzeitlich in Aberdeen arbeitete. Und eine große Rundreise durch Amerika ergab sich, weil ein Teil seiner Verwandtschaft dort heimisch geworden ist.
»Letztlich haben alle Völker unter dem Krieg gelitten. Unsere Aufgabe ist es, das gute Verhältnis Deutschlands zu seinen Nachbarn für unsere Kinder zu bewahren.«
Sein Hauptaugenmerk legt Andreaß in den letzten Jahren dabei auf Ostpreußen. Kurz vor seiner Pensionierung trat er in den »Bund der Danziger« ein, besuchte bereits mehrfach die alte Heimat seiner Eltern. Eine Fahrt nach Meisterswalde ist dem 77-Jährigen dabei besonders im Gedächtnis geblieben. »Viele von dort Vertriebene haben auf Einladung der Polen wieder in ihren alten Häusern und Betten geschlafen. Das war ein Akt wahrer Völkerverständigung.«

Artikel vom 20.01.2006