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Die Küche - das Wohnzimmer der Zukunft

Poggenpohl konnte Absatz und Produktion steigern - Interview mit Geschäftsführer Elmar Duffner

Herford (HK). Seit drei Jahren ist Elmar Duffner Geschäftsführer des Herforder Möbelherstellers Poggenpohl mit Sitz im Industriegebiet Herringhausen. Im Gespräch mit der Redaktionsleitung des HERFORDER KREISBLATTes, Ralf Meistes und Peter Schelberg, spricht Duffner über aktuelle Entwicklungen.

Wie gut geht es Poggenpohl?
Elmar Duffner: Dem Unternehmen Poggenpohl geht es gut. Wir hatten in den vergangenen drei Jahren eine erfreuliche Entwicklung, konnten Absatz und Produktion steigern. Insbesondere im Ausland gab es gute Zuwächse, während die Situation in Deutschland eher von einer Kaufzurückhaltung bei langlebigen Gebrauchsgütern geprägt war. Das hat insgesamt zu einem Nachfragerückgang von etwa 27 Prozent auf dem deutschen Markt geführt.
Nach wie vor gibt es aber genügend Produktionskapazitäten hierzulande. Vor diesem Hintergrund zahlt es sich für uns aus, dass der frühere Geschäftsführer und Gesellschafter Walter Ludewig bereits in den 50-er Jahren die Auslandsmärkte erschlossen hat und wir seit 30 Jahren erfolgreich in den USA Küchen verkaufen und dort mit Abstand stärkster europäischer Anbieter sind. In allen anderen Märkten Westeuropas ist Poggenpohl ebenfalls vertreten.

Welches sind die Märkte der Zukunft für Ihr Unternehmen?
Elmar Duffner: Da wären vor allem China, Indien, Russland und die Golfregion zu nennen, aber auch Brasilien. China boomt derzeit, insbesondere in Peking und Shanghai haben wir in 2005 deutliche Umsatzsteigerungen verzeichnet. Eine für uns schöne Entwicklung gibt es auch in Russland, die vor allem durch die Nachfrage in den Metropolen geprägt ist. In der tschechischen Hauptstadt Prag haben wir mit einem englisch-niederländischen Bauträger ein Projekt begonnen, bei dem wir 650 Küchen liefern. Damit haben wir auch in diesem Land eine entsprechende Referenz und für weitere Projekte den Fuß in der Tür. Weltweit sind wir in über 60 Ländern vertreten. Wir haben vier Tochtergesellschaften, eine eigene Vertriebsgesellschaft mit 70 Mitarbeitern in den USA und dort auch neun eigene Studios, unter anderem in Manhattan, Los Angeles, Boston und Atlanta. Weltweit gibt es 450 Studios mit Poggenpohl-Küchen, davon 130 exklusiv, die übrigen im Shop-in-Shop-System.

Welchen Stellenwert hat der Stammsitz/Standort Herford jetzt und in Zukunft?
Elmar Duffner: In Herford werden nach wie vor alle Poggenpohl-Küchen produziert, lediglich einige Vorlieferanten sind in der Region sowie in Italien ansässig. Wir beschäftigen am Standort Herford insgesamt 360 Mitarbeiter, davon 25 Auszubildende, einige von ihnen auch im gewerblichen Bereich. Weltweit hat Poggenpohl 500 Mitarbeiter.

Im vergangenen Jahr waren Sie auf der Fachmesse »imm cologne« in Köln, nun steht für Poggenpohl die Messe »Eurocucina« in Mailand vor der Tür?
Elmar Duffner: Die Messe in Köln hat aus unserer Sicht darunter gelitten, dass deutsche Küchenmöbelhersteller in zu geringer Zahl vertreten waren. In Mailand dagegen werden 2006 sogar mehr deutsche Hersteller präsent sein als in Köln. Wir werden unter anderem eine Designstudie vorstellen, die zeigt, wie die Küche der Zukunft aussehen kann.

Welche Trends erwarten uns in der Küche?
Elmar Duffner: Die Wohnlichkeit der Küche wird weiter zunehmen. Sie wird sich vom reinen Arbeitsraum zum Zentrum des Wohnens entwickeln, wie auch die international anerkannte holländische Trendforscherin Li Edelkoort voraussagt. Die »Prophetin für Lifestyle und Gewohnheiten« ist überzeugt, dass die Menschen ihr gutes Wohlgefühl bald nur noch in drei Räumen suchen werden: Küche, Schlafzimmer und Bad. Das soziale Leben mit Familie und Freunden wird sich künftig in riesigen Küchen mit Esszimmer abspielen und die Rolle des Wohnzimmers übernehmen, das dann überflüssig wird. Der Einwand, dass vor allem Essensdünste viele vom längeren Aufenthalt in der Küche abhalten, ist heute dank der Technik und leistungsfähiger Abzugshauben kein Thema mehr. »Koch-Inseln« haben in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen, man kocht heute nicht mehr gern »gegen die Wand«. »In« sind ausdrucksstarke Furniere in Kombination mit hochglänzenden und Lackoberflächen, außerdem Farbakzente. Das Licht wird immer wichtiger. Unverkennbar ist der Trend zu Multimedia-Anwendungen auch in der Küche - beispielsweise der Flachbildschirm, der in der Küchenhochwand integriert ist. Wir werden in Mailand auch etwas zum Thema »I-Pod« im Programm haben. Bei den Küchengeräten ist zurzeit das Thema »Induktion« ein Renner, immer beliebter werden Einbau-Kaffeeautomaten und der Dampfgarer.

Sind die Begriffe »deutsche Wertarbeit« oder »Made in Germany« heute noch von Bedeutung?
Elmar Duffner: »Made in Germany« ist nach wie vor ein toller und positiv besetzter Qualitätsbegriff, der uns auf den Auslandsmärkten hilft, unsere Produkte zu vermarkten. Viele Kunden versichern sich ausdrücklich durch Nachfragen, dass ihre Küche auch tatsächlich in Deutschland und am Standort Herford produziert wird. Deutsche Küchen genießen - auch im Wettbewerb mit den italienischen Küchen - weltweit höchstes Ansehen und wir sind auf bestem Wege, den italienischen Mitbewerbern den Rang abzulaufen.

Poggenpohl gilt als Luxusmarke. Was muss der Kunde für eine Poggenpohl-Küche mindestens anlegen, was kostete die teuerste Küche, die Sie bislang verkauft haben?
Elmar Duffner: Das ist eine Frage der Features und des verwendeten Materials. Eine Poggenpohl-Küche in Deutschland ist schon ab etwa 15000 Euro erhältlich. Die teuersten Einrichtungen haben wir in Long Island im US-Bundesstaat New York verkauft, für deutlich über 200000 US-Dollar.

Die Fernsehsender überbieten sich mit immer neuen Kochsendungen. Profitieren Sie als Küchenhersteller von dem Publikumsinteresse am Kochen?
Elmar Duffner: Mit der steigenden Beliebtheit der Küchen- und Kochsendungen im Fernsehen wird auch der Wunsch nach entsprechender Einrichtung im eigenen vier Wänden größer: Nach einer Umfrage des Allensbach-Instituts ist die Luxus-Küche in der Top 25-Wunschliste bereits auf Platz 4 vorgerückt. Das Interesse ist auch bei der jüngeren Generation groß: Auch meine beiden kleinen Töchter schauen bereits am liebsten Kochsendungen - neben Zeichentrickfilmen. Ich selbst verbringe auch mehr Zeit mit Kochen als früher. Kunden führen wir gern die Möglichkeiten in unseren Küchen vor. Es schafft auch eine vertrautere Atmosphäre zwischen Geschäftspartnern, wenn man bei einem Meeting schon einmal gemeinsam Kartoffeln geschält hat.

Welche Bedeutung hat MARTa für Poggenpohl?
Elmar Duffner: MARTa eröffnet die Chance der Profilierung und Alleinstellung durch die Besetzung des Themas Design. Mit der ersten Kooperation im Rahmen der Ausstellung Vogt + Weizenegger haben wir schon gute Erfahrungen gemacht. MARTa ist für uns auch von besonderer Bedeutung, weil wir hier in der Region die stärkste Konzentration an Möbelherstellern haben. MARTa ist ein hochinteressantes Thema im Ausland geworden. Für Besucher, die ich selbst in die Goebenstraße geführt habe, war MARTa immer ein Highlight. Das zeigt, welchen Stellenwert Herford bekommen hat.

In welcher Form wird sich Poggenpohl an der WM-Imagekampagne »Deutschland - Land der Ideen« beteiligen?
Elmar Duffner: Wir sind sehr stolz darauf, dass Poggenpohl an der Imagekampagne beteiligt ist und Herford als einer von 365 Orten ausgewählt wurde. Zur Fußball-WM werden 15000 Journalisten nach Deutschland kommen, viele von ihnen werden auch über unser Land berichten. Wir möchten bei der Aktion zeigen, wofür Poggenpohl steht - als älteste deutsche Möbelmarke und vielleicht bekannteste weltweit. Unser Unternehmen hat Akzente gesetzt, was moderne Einbauküchen betrifft - Walter Ludewig, der 52 Jahre Firmenchef bei Poggenpohl war, hat 1950 die erste deutsche Anbauküche in Serienfertigung vorgestellt und gilt als einer der Väter der modernen Einbauküche und war Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der modernen Küche (AMK). Am 1. Februar wird es im Rahmen der Imagekampagne einen Tag der offenen Tür bei Poggenpohl geben mit Führungen durch die Produktion und unsere Ausstellung.

Artikel vom 21.01.2006