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Regierung schützt Geheimdienst

Steinmeier hält Untersuchungsausschuss für überflüssig -ĂŠOpposition uneins

Berlin (dpa). Der Streit um den geplanten Untersuchungsausschuss zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Irak verschärft sich. Vor der Bundestagsdebatte über die Arbeit des Geheimdienstes während des Irak-Krieges erhöhten SPD und Union den Druck auf die Opposition.
FDP, Grüne und Linkspartei sollen auf die Einsetzung des Ausschusses verzichten, um deutsche Sicherheitsinteressen nicht zu gefährden. Die drei Oppositionsparteien streiten weiter über den genauen Untersuchungsauftrag.
Die endgültige Entscheidung, ob der Ausschuss tatsächlich zu Stande kommt, dürfte erst kommende Woche fallen. Am Montag wollen die Vorsitzenden aller Fraktionen über das weitere Vorgehen beraten. Danach treffen sich die Spitzen der drei Oppositionsparteien.
Sie sehen aber auch nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) bislang keinen Grund, die Forderung nach einem Ausschuss fallen zu lassen. Die PKG hatte im Zusammenhang mit den BND-Aktivitäten während des Irak-Kriegs einstimmig die befragten beiden BND-Mitarbeiter entlastet.
Beide hätten glaubhaft klargemacht, dass sie im April 2003 »in keiner Weise« an der US-Bombardierung eines Lokals in Bagdad mitgewirkt hätten, in dem der irakische Diktator Saddam Hussein fälschlicherweise vermutet wurde, hieß es in dem auch mit Stimmen aller Oppositionsvertreter gefassten Beschluss.
Für die SPD wird damit ein Ausschuss »immer unsinniger«. Mit dem PKG-Votum sei der »Luftballon endgültig geplatzt«, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Olaf Scholz. Nun gebe es nichts mehr aufzuklären. Wenn der Ausschuss trotzdem zu Stande komme und Einzelheiten von Geheimdienstaktivitäten publik würden, würden befreundete Dienste etwa bei der Fußball-Weltmeisterschaft wohl kaum noch Informationen über mögliche Gefährdungen an deutsche Kollegen weitergeben, warnte Olaf Scholz.
Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl, der wie Scholz PKG-Mitglied ist, warf der Opposition »niedrige Motive und Publicity-Sucht« vor. Ein Ausschuss, der - wie von der FDP gefordert -, die Geheimdienstarbeit insgesamt untersuchen solle, »gefährdet den Kampf gegen den Terror - und das im Jahr der Fußball-WM in Deutschland«, sagte Uhl.
»Ich sehe keinen Grund, jetzt von der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses abzukommen«, sagte dagegen die Grünen- Vorsitzende Claudia Roth. Es sei längst noch nicht alles aufgeklärt. Nach Ansicht der Grünen-Spitze muss Klarheit geschaffen werden, dass die rot-grüne Bundesregierung immer uneingeschränkt gegen den Irak-Krieg gewesen sei.
Die Grünen warfen FDP und Linkspartei vor, Vorverurteilungen zu betreiben. »Das notwendige Ausmaß der Untersuchung ist durch die parlamentarische Aufklärung geschrumpft«, erklärte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck. Der FDP gehe es vor allem um die »um die politische Ebene, nicht um operative Details der Geheimdienstarbeit«, betonte ihr Experte Max Stadler.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) versicherte gestern in Kairo: »An den Vorwürfen ist nichts dran.« Steinmeier will heute im Bundestag Stellung nehmen und kürzt deshalb seine Nahostreise ab.

Artikel vom 20.01.2006