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»Ohne Gegenfinanzierung undenkbar«

Elternbeiträge für Kindergartenbetreuung: Versmolder Finanzierungslücke läge bei 500 000 Euro

Von Oliver Horst (Text und Foto)
Versmold (WB). Bei Umsetzung des Vorstoßes von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Elternbeiträge für Kindergartenbetreuung abzuschaffen, würde sich in Versmold eine Finanzierungslücke von 500 000 Euro auftun. »Den Vorschlag finde ich grundsätzlich gut. Aber die Frage ist, wo das Geld herkommen soll«, sagt Christoph Grün, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde, die Träger von fünf der acht Kindergärten vor Ort ist.

Auf den konkreten Vorschlag der Bundesfamilienministerin ist Grün nicht gut zu sprechen, »weil sie die Verantwortung auf Länder, Kommunen und Träger abwälzt«. Christoph Grün: »Ich sehe die Notwendigkeit auf dem familienpolitischen Sektor etwas zu tun, und ein Nachdenken über die Elternbeiträge ist ein Weg. Aber möglich wird eine Absenkung oder Abschaffung nur, wenn es eine solide Gegenfinanzierung gibt.«
Dabei würde der Pfarrer eine Senkung der Elternbeiträge einer kompletten Abschaffung vorziehen. »In den Einrichtungen wird gute Arbeit geleistet, die Geld kostet und honoriert werden muss. Da halte ich es für richtig, dass die Eltern auch einen Beitrag leisten. Über dessen Höhe könnte sicherlich geredet werden.« Eine Verschiebung zu Lasten des Trägers Kirche schließt Grün aber kategorisch aus: »Die Kirchen sind an der Grenze der Leistungsfähigkeit angekommen.« Es deuteten sich schon jetzt Einschnitte für die kommenden Jahre an.
Auch der Haushalt der Stadt Versmold lässt keine Spielräume zu. Wie auch die Kirche engagiert sie sich schon in größerem Umfang finanziell. Denn die Gelder von Kreis und Land (siehe Extra-Kasten) decken bei kirchlichen Einrichtungen, die zurzeit als »reiche Träger« angesehen werden, nur 80 Prozent der Betriebskosten, bei »armen Trägern« wie dem DRK und der AWO 91 Prozent.
Seit 2005 übernimmt die Stadt Versmold 75 statt zuvor 50 Prozent des verbleibenden Trägeranteils der kirchlichen Einrichtungen. DRK und AWO werden die nicht durch Zuschüsse gedeckten Betriebskosten erstattet. Für das aktuelle Haushaltsjahr rechnet die Stadt mit Zuschüssen für Kindertagesstätten in Höhe von 440 000 Euro. Die Kirchengemeinde Versmold selbst wendet etwa 90 000 Euro im Jahr auf.
Nach der derzeitigen Gesetzeslage müsste im Falle einer Abschaffung der Elternbeiträge das Land 50 Prozent der Finanzierungslücke tragen, der Kreis die andere Hälfte. Die Realität zeige derzeit aber eher in die Gegenrichtung, sagt Lothar Busche, Leiter des Kreisjugendamtes: »Das Land hat kürzlich angekündigt, sich weiter zurückziehen und die kommunale Ebene mehr belasten zu wollen.« Es sei daran gedacht, die bislang landesweit gesetzlich geregelten Elternbeiträge schon zum 1. Juli dieses Jahres freizugeben. »Dann könnten die Stellen vor Ort die Elternbeiträge selbst gestalten.« Busche: »Da der Zuschuss vom Land in diesem Zuge sinken soll, bliebe dann nur die Möglichkeit, die Elternbeiträge anzuheben oder die Jugendamtsumlage. Diese Entscheidung hätte dann die Politik zu treffen.«

Artikel vom 18.01.2006