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Gewalt angedroht

Schöffengericht verurteilt Türken zu 18 Monaten Haft

Von Wolfgang Clemm
Enger/Herford (EA). Wegen sexueller Nötigung und Bedrohung saß der 35-jährige Türke Kemal O. (Name geändert) gestern vor dem Herforder Schöffengericht. Staatsanwältin Nina Sommerfeld hatte für den bislang nicht Vorbestraften 16 Monate mit Bewährung beantragt, Verteidiger Stefan Meißner Freispruch. Das Richtertrio wählte als »Kompromiss« 18 Monate, aber ohne Bewährung.

In dem gemeinsamen Wohnhaus in einem Stadtteil Engers hatte der verheiratete Vater von drei Kindern immer wieder einer jungen Mitbewohnerin in zudringlicher Weise nachgestellt, die mit zwei Kindern allein dort wohnte, weil ihr damaliger Lebensgefährte eine Freiheitsstrafe verbüßt. Kemal O. bat sie um Hausaufgabenhilfe für seine Tochter, schenkte ihr auch rote Reizwäsche, die aber angeblich ein Geschenk seiner türkischen Ehefrau gewesen sein soll, einen Badeschwamm in Herzform und eine Badelotion. Später forderte er die Mitbewohnerin auf, BH und Tanga für ihn anzuziehen.
Mehrfach drang er in die Wohnung ein, was nicht sonderlich schwierig war. So stand Kemal O. im Sommer 2004, als seine Frau und Kinder im Türkeiurlaub weilten, plötzlich im fremden Schlafzimmer, umfasste die junge Frau und versuchte sie auszuziehen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie Kampfsporterfahrung besaß, ein Schlag mit dem Hinterkopf ins Gesicht des Angreifers und ein kurz darauf gezücktes Küchenmesser ließen die Erregung des Angreifers erfolgreich abklingen.
Bevor er ging, drohte er seiner Mitbewohnerin noch Vergewaltigungen und »Kaltmachen« an, wenn sie ein Sterbenswörtchen über den Vorfall verlauten ließe.
Erst als eine weitere unverheiratete Mitbewohnerin von einem ähnlichen Vorfall berichtete, überwand die 25-Jährige ihre Angst und erstattete Anzeige. Sie leidet heute noch unter Angst, erlitt einen Nervenzusammenbruch, brauchte psychiatrische Hilfe und zog mit den Kindern weit weg.
Der Fall mit der zweiten Mitbewohnerin wurde in Hinblick auf den gravierenderen Fall eingestellt: Die 37-jährige Zeugin hatte Mühe, ihre Schilderung ohne Widersprüche und Korrekturen vorzubringen. Nach der festen Überzeugung des Gerichts musste auch sie Zudringlichkeiten vom Angeklagten erfahren.
Kemal O. bestritt sämtliche Vorwürfe. Die Chance, diese Strategie bei einer Zwischenberatung mit seinem Verteidiger zu überdenken, ließ der Angeklagte ungenutzt verstreichen. Eine Berufungsverhandlung beim Landgericht Bielefeld steht bevor.

Artikel vom 18.01.2006