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»Einzahlen auf das
Beziehungskonto«

Sabine Stracke vermittelt Eltern Handwerkszeug für den Alltag

Von Claus Brand (Texte und Foto)
Löhne (LZ). Patentrezepte hat auch sie nicht. »Die gibt es auch gar nicht. Jede Familie, jedes Kind, jede Situation ist unterschiedlich«, sagt Sabine Stracke. Die 37-jährige Diplom-Sozialpädagogin will Eltern aber den roten Handlungsfaden für den Alltag aufzeigen, ihnen Hilfestellung geben, um mit grundlegendem Handwerkszeug schwierige und für Eltern und Kind mitunter stressige Situationen besser zu meistern.

Ein Angebot, das Sabine Stracke in Löhne erstmals in einem Elternkursus - siehe Infokasten - macht, der unter dem Dach des Katholischen Bildungswerkes Herford angeboten wird. Für sie ist es oft der erste Schritt, das Beziehungsgeflecht zwischen Eltern und Kindern kennenzulernen. Die Elterntrainerin: »Jeder zahlt quasi auf ein Beziehungskonto ein, ist mal im Plus, kann aber auch mal überziehen«, sagt die gelernte Bankkauffrau, die selbst einen sechsjährigen Sohn hat. Mit seiner Geburt hat sie sich für den zweiten Beruf entschieden, an der Fachhochschule Bielefeld studiert und sich später im neuen Metier weitergebildet, so zur Elterntrainerin bei der Evangelischen Erwachsenenbildung in Hannover.
Für Sabine Stracke ist es keine Frage: »Eltern müssen sich in der Erziehung einig sein, Ziele gemeinsam festlegen, allein schon um dem Kind eine Orientierung zu geben.« Wenig hält sie auch vom vergleichenden Wettbewerb unter Eltern, der mitunter unfreiwillig schon in Krabbelgruppen entstehe. Sabine Stracke: »Manches Kind kann eben eher laufen als das andere, oder es spricht früher und mehr.« Grundsätzlich bewertet sie den Austausch von Eltern untereinander in solchen Gruppen jedoch positiv: »Viele Mütter kommen direkt aus dem Beruf, sind nach der Geburt erst einmal Zuhause. Dann ist es wichtig zu erfahren, dass viele womöglich als außergewöhnlich empfundene Verhaltensweisen des Kindes ganz normal und für das jeweilige Alter geradezu typisch sind.«
Allzu oft gilt es, eine Gratwanderung zu bewältigen: Einerseits müssen dem Sprössling in manchen Situationen Entscheidungen und Handlungsweisen erklärt werden, mitunter müssen Eltern aber auch darauf bestehen, dass Grenzen eingehalten werden - das ist anstrengend für beide Seiten, aber wichtig. Als Grundlagen für das Handwerkszeug für Eltern nennt Stracke die gegenseitige Achtung zwischen Eltern und Kinder. Dem Austausch im Gespräch kommt da zentrale Bedeutung zu. So versteht der eine den anderen besser, es fördert die liebevolle Beziehung zueinander und hilft vor allem auch, Wut und Streit besser bewältigen zu können. Quasi automatisch werden Kinder so gleichzeitig stark gemacht fürs Leben.
So kann es beispielsweise ein Ansatz sein, dem Kind nicht jeden Tag einfach nur vorzuhalten, sein Zimmer endlich aufzuräumen, sondern dies einmal gemeinsam mit ihm zu machen. Oder: Mutter oder Vater ist gestresst, das Kind kommt aus der Schule - und der momentane Frust wird bei ihm abgeladen, auch mit dem Hinweis, jetzt zügig die Hausaufgaben zu machen. Sabine Stracke: »Dann müssen Eltern auch wieder etwas auf das Beziehungskonto einzahlen. Das muss nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang stehen. Man kann zum Beispiel am folgenden Tag einfach mal zusammen ins Kino gehen.«
Was die Super-Nanny und andere Experten auf der Mattscheibe vermitteln, beurteilt sie zurückhaltend. »Das sind oft extreme Konfliktsituationen, die professioneller Hilfe bedrüfen.« Und: »Wie sollen die Kinder nach der Ausstrahlung am nächsten Tag ihren Schulkameraden begegnen?«
Im Kursus geht sie auf die spezifischen Fragen der einzelnen Eltern ein, setzt dabei aber auch auf die einfachen und praktischen Tipps für den Alltag, mit denen Vater oder Mutter vielfach richtig liegt. »Kinder lernen durch Vorleben. Und dabei macht die Mehrheit der Eltern aus dem Gefühl heraus bereits sehr viel auf Anhieb gut und richtig.«

Artikel vom 21.01.2006