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Elternbeiträge streichen:
Kopfschütteln vor Ort

Kindertagessstätten verschlingen schon jetzt Millionen

Von Klaus-Peter Schillig
Altkreis Halle (WB). Die Vorschläge aus den beiden Regierungsparteien ernten bei den Praktikern vor Ort nur Kopfschütteln. Die Kindergarten-Beiträge für die Eltern senken oder im letzten Jahr vor der Schule gar ganz streichen - das halten die Verantwortlichen bei Stadt Halle und Kreis Gütersloh kaum für machbar.

Die SPD hatte am vergangenen Wochenende bei ihrer Klausurtagung in Mainz ebenso einen Vorstoß in Richtung Familienfreundlichkeit unternommen wie Familienministerin Ursula von der Leyen. Und beide ernteten schon harsche Kritik, mussten sich den Vorwurf des Populismus gefallen lassen. Denn schon jetzt tragen die Städte und Gemeinden die Hauptlast der Kinderbetreuung, etwa ein Drittel der Kosten steuert das Land Nordrhein-Westfalen bei. Und das hat bereits zum Rotstift gegriffen, um durch neue Regelungen die Kommunen oder die Eltern - oder beide - noch stärker zu belasten.
Zuständig für die Kindergartenfinanzierung ist der Kreis Gütersloh. Der erstattet den jeweiligen Trägern der Einrichtungen den Großteil der laufenden Kosten. Unterhält eine Kommune selbst einen Kindergarten, bekommt sie 79 Prozent der Kosten vom Kreis zurück. Kirchen bekommen 80 Prozent, so genannte »arme Träger« (DRK oder AWO beispielsweise) bekommen 91 Prozent und Elterninitiativen sogar 96 Prozent. Für den Kreis summiert sich das auf 31,4 Millionen Euro, davon erstattet das Land knapp 12 Millionen Euro. Von den verbleibenden 19,4 Millionen decken Elternbeiträge nur 6,5 Millionen Euro. Die restlichen 12,9 Millionen werden über die differenzierte Kreisumlage wieder auf die Städte und Gemeinden umgelegt.
Sollte für das letzte Kindergartenjahr kein Elternbeitrag mehr erhoben werden, so schätzt Lothar Busche, Leiter der Abteilung Jugend, Familie und soziale Dienste, müssten wohl mindestens weitere 2,5 Millionen Euro auf die Kommunen umgelegt werden. »Schon das vorhandene System ist kaum zu finanzieren«, verweist Busche auf die notorisch leeren öffentlichen Kassen. »Die Frage ist, woher das Geld kommen soll.«
Das gleiche fragt sich auch Hermann Bußmeyer, der im Haller Rathaus die Kindergärten verwaltet. 497 000 Euro überweist er an Elternbeiträgen an den Kreis, weil die Städte für die Bearbeitung der Formulare und die Überprüfung der Elterneinkommen zuständig sind. Neben diesem durchlaufenden Posten und der Umlage summieren sich in Halle aber noch weitere dicke Brocken. Weil die Stadt drei eigene Kindergärten (Beckmanns Hof, Künsebeck und Stockkämpen) unterhält, muss sie dafür den erhöhten eigenen Trägeranteil von 21 Prozent komplett selbst tragen, außerdem werden den Kirchen und den »armen Trägern« Großteile derer Trägeranteile erstattet. Das summiert sich auf rund 700 000 Euro.

Artikel vom 18.01.2006