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Abriss ist vollendet:
Die alte Post liegt flach

Das »P« erhält Ehrenplatz in der »Gedächtnis-Vitrine«

Von Markus Poch (Text und Fotos)
Brackwede (WB). Zum letzten Mal für alle Zeiten hat der Haupteingang der alten Brackweder Post am Freitag den Sonnenaufgang erlebt: Dann kam der Bagger und streckte das Portal zu Boden. Mit ihm fiel auch der Schriftzug »Post«, der bis zuletzt gut sichtbar und unversehrt an der Schalterhalle prangte.

Erst am 20. Dezember hatten die Abrissarbeiten begonnen, und doch ist das Gelände am Südring/Ecke Germanenstraße heute nicht mehr wieder zu erkennen: Vom gesamten Postkomplex mit Außenmauer, Bäumen, Garagenanlage, Bürotrakt, Sortier- und Schalterhalle steht nur noch ein kleiner Gebäudewinkel zur Kreuzung hin. Und den will Vorarbeiter Guido Kleinebeckel noch an diesem Samstag mit seinem Bagger umreißen. Dann liegt alles flach.
Derweil müssen sich die Anlieger mit dem penetranten, unüberhörbaren Abbruch-Lärm arrangieren. Der kommt vom nervenaufreibenden Geräusch des Meißels, mit dem Baggerführer Hubert Hochgürtel die 60 Zentimeter dicken Decken und Wände der Bunkeranlagen aufbricht. Zum Vorschein kommen Stahlverstrebungen, die verdeutlichen, dass es hier nicht um normale Mauern geht. Ende Januar will die Abrissfirma ihre Arbeiten abschließen.
Aufmerksamer Beobachter am Ort des Abrisses war Unternehmer Rolf Kalkbrenner. Der 48-Jährige ist Eigentümer des Grundstückes an der Hauptstraße, das die Post für ihren neuen Zustellstützpunkt gemietet hat. »Ich stehe aber auch deshalb hier, weil ich alter Brackweder bin und 25 Jahre lang hier meine Briefe abgeholt habe«, sagt Kalkbrenner. »Da ist es schon ergreifend, die letzten Minuten eines solchen Bauwerkes mitzuerleben.«
Neben ihm bangt Olaf Stockhecke, der letzte Chef des alten Zustellstützpunktes und erster Mann des besagten Nachfolge-Gebäudes. Hautnah erlebt er mit, wie die Abrisszange auch das Foyer als letztes »Heiligtum« des 47 Jahre alten Gebäudes in Stücke reisst. »Ich weiß noch genau, welchen Aufstand es damals um die teuren Wandplatten aus Marmor gab«, sagt er. »Die wurden extra aus Italien eingeflogen.« Vor seinen Augen poltern auch die großen »Post«-Lettern des Haupteingangs in den Schutt. Das »P« wird nicht in der Versenkung verschwinden: Gleich nach dem Abriss hat es - leicht verbeult - einen Ehrenplatz in Olaf Stockheckes »Post-Gedächtnis-Vitrine« erhalten.

Artikel vom 14.01.2006