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Ein Eiszeit-Mitbringsel aus Norwegen ist auch dieser Riesen-Findling.

Teure Grüße aus der Eiszeit

Millimeterdünne Schicht bringt Böschungen an B 239 ins Rutschen

Von Peter Schelberg
Herford (HK). Auf die Eiszeit ist Jörg-Achim Zweck gar nicht gut zu sprechen: Immer wieder musste der Projektverantwortliche für den Ausbau der B239 in den vergangenen Tagen Böschungsabschnitte an der Neubautrasse sichern lassen, die auf einem tückischem Überbleibsel aus grauer Vorzeit ins Rutschen geraten waren.

Aus der so genannten Saale-Eiszeit, das haben Geologen ermittelt, stammen jene Hügel im Süden Herfords, durch die die Straßenbauer die mehrspurige und 4,5 Kilometer lange Umgehung zwischen der A2 und der Bielefelder Straße bis 2007 planieren wollen. »In der Zeit vor 230000 bis 130000 Jahren schoben Endmoränen der Gletscher ihre Fracht weit in die norddeutsche Tiefebene hinein - bis in unsere Region«, erläutert Diplom-Ingenieur Zweck. Da blieb so manches Mitbringsel im Erdreich liegen, als die eisigen Gletscherzungen sich längst wieder nach Skandinavien zurückgezogen hatten. Mammutzähne hat der Bauleiter zwar nicht entdeckt - wohl aber einen riesigen, zehn Tonnen schweren Granit-Findling aus Norwegen. Der soll an der Rampe zur Elverdisser Straße einen »Ehrenplatz« finden, hat sich der 47-Jährige vorgenommen.
Vor einem Rätsel standen die Straßenbauer, als unlängst mehrfach Teile der bis zu zehn Meter hohen Böschung im Baustellenbereich auf »Wanderschaft« gingen: Denn nach den Bodengutachten hätte bei einer Neigung von 1:1,5 die Standfestigkeit der Böschung eigentlich gewährleistet sein müssen. Zweck und seine Kollegen gingen der Böschung »auf den Grund« - und entdeckten eine millimeterdünne Überraschung, die es in sich hatte. »Der Boden besteht aus kiesigem Untergrund, darauf liegt eine vier Meter mächtige Tonsteinschicht und ganz oben sandig-schluffiges Material«, erläutert Zweck. Den Geologen verborgen geblieben war bei der Bohrkernuntersuchung eine dünne »Gleitschicht« aus Bänderton, auf der die Erdmassen nach und nach ins Rutschen gerieten: »Wir haben alle gestaunt«, berichtet Diplom-Ingeneur Zweck: »Das sieht aus wie der Teflonbelag in einer Pfanne und ist total schmierig-glitschig.« Kein Wunder also, dass 400 Meter Endböschung auf der Südseite der B239 in Höhe der Elverdisser Straße vorübergehend keinen Halt mehr fanden. Auch am Nordrand mussten bereits 40 Meter saniert und verfestigt werden, um eine Gefährdung von Menschen und Fahrzeugen auf der B239 auszuschließen. Den zusätzlichen Kostenaufwand schätzt Zweck auf bislang 300000 Euro.

Artikel vom 14.01.2006