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Von Frank Spiegel

Höxteraner
Aspekte

Nicht nur den Kopf befragen


Was wird aus der Corveyer Eichenallee? Eine Antwort auf diese Frage wünschen sich derzeit viele Menschen -Êwenn auch nicht alle von ihnen dieselbe. Da gibt es diejenigen, die die Allee für kulturhistorisch wertvoll und landschaftsprägend halten, andere sind der Ansicht, dass jegliches Leben seine Zeit hat und die Allee durchaus auch abgeholzt werden und durch neue Bäume ersetzt werden könnte -Êum dann in zig Jahren wieder eine stattliche Allee vor sich zu haben.
Dass die Bäume in der Eichenallee ihre »Blütezeit« hinter sich haben, steht außer Frage. Auf 50 bis 100 Jahre schätzen Fachleute die Zeit, die sie noch stehen bleiben könnten. Und wenn der Erhalt nichts kosten würde und vor allem, wenn die deutsche Gesetzgebung nicht jeden Menschen vor seiner eigenen Unvernunft schützen müsste, würde wohl kaum jemand auf die Idee kommen, die etwa 300 Jahre alten Bäume nun zu opfern.
So wie sie jetzt sind und wie sie sich -Ê wenn sie weiter stehen bleiben -Êin den nächsten zig Jahren entwickeln, sind sie sicher landschaftsprägender als eine Anpflanzung von Jungbäumen. Und neben dem erhabenen Anblick, den die Allee bietet, dienen die Hohlräume in dem Holz Tieren als Lebensraum. Mit Blick auf die Kammmolch-Kapriolen sollte das aber wohl kaum das tragende Argument für einen Erhalt der Allee sein.
Dass dieser Geld kostet, dieses Argument für eine Fällung scheint sich inzwischen mehr oder weniger aufzulösen. Unternehmen mit einer großen Nähe zur Natur sollen nach WESTFALEN-BLATT-Informationen schon Spenden zugesagt haben, und - auch wenn diese Information noch nicht zu allen Beteiligten durchgedrungen zu sein scheint - die »Stiftung für die Natur Ravensberg« hat erklärt, in den kommenden fünf Jahren die vorausgesagten Pflegekosten in Höhe von 1 300 Euro zu übernehmen.
Erheblich vereinfacht würde die ganze Angelegenheit, wenn die Verkehrssicherungspflicht hier nicht in der Form greifen würde, wie sie es tut. Diese besagt, dass niemand, der sich im Bereich der Eichen aufhält, durch diese gefährdet werden darf. Nun könnte man ja meinen, dass Warnschilder oder Absperrungen ausreichten, um Menschen auf die Gefahr aufmerksam zu machen. So ist es aber nicht. Geschützt werden müssen auch diejenigen, die sich - warum auch immer - nicht um Warnschilder und Absperrungen kümmern.
Doch daran lässt sich derzeit nichts ändern. Diese Tatsache und der Zustand der Allee machen eine Entscheidung unumgänglich. Wie immer diese ausfällt: Sie sollte nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen getroffen werden.

Artikel vom 14.01.2006