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SPD fordert persönliche Konsequenzen

Stickeln sieht »Hetzkampagne gewisser Kreise« - Conradi: »Kritik von Reineke ist überzogen«

Warburg (ski). Die Appelle, die politischen Differenzen beizulegen und im Interesse des St. Petri-Hospitals endlich sachorientiert zusammenzuarbeiten, sind kaum verklungen, da geht der Streit schon weiter: SPD-Kreisvorsitzender Johannes Reineke hat Bürgermeister Michael Stickeln (CDU) und Kreisdirektor Dr. Ulrich Conradi gestern aufgefordert, »persönliche Konsequenzen« aus den Vorgängen um den entlassenen Krankenhaus-Geschäftsführer zu ziehen. Während sich für Conradi »diese Frage nicht stellt«, reagierte Stickeln scharf: Er und die Warburger Ratsmitglieder seien »einer Hetzkampagne gewisser Kreise« ausgesetzt.

Das Krankenhaus Warburg sei insbesondere durch schwere Führungsfehler in eine äußerst schwierige Lage geraten, meint Johannes Reineke. Die Entlassung des erst vor knapp einem Jahr ins Amt gehievten Geschäftsführers Dr. Rolf Brunner-Salten sei »der Tiefpunkt in einer Reihe von fragwürdigen Entscheidungen«.
Im Mittelpunkt der Kritik der SPD stehen der Aufsichtsratsvorsitzende, Bürgermeister Michael Stickeln, und der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung, Kreisdirektor Dr. Ulrich Conradi. Reineke: »Wenn sich Entscheidungen, die nach sehr kritischen Auseinandersetzungen getroffen worden sind, im Nachhinein als falsch erweisen, dann müssen die Wegbereiter dieser Entscheidungen auch die politische Verantwortung übernehmen. Unkonkrete Erklärungen reichen nicht.«
Quer durch die verantwortlichen Gremien seien in der jüngsten Zeit Fehleinschätzungen erfolgt: in der Zweckverbandsversammlung, im Aufsichtsrat, im Stadtrat Warburg »und auch von Mitgliedern des Kreistages«. Die Querelen zwischen Bürgermeister Stickeln und Landrat Hubertus Backhaus hätten 2005 sogar zum Rückzug des Landrates vom Amt des Verbandsvorsitzenden geführt, erinnert Reineke. Die Kreis-SPD habe die Politik des Bürgermeisters, die die Wahrung der Eigenständigkeit des Krankenhaus zum Ziel habe, im Kreistag und in den Ausschüssen konsequent und einstimmig abgelehnt, so der Kreisvorsitzende.
Die Entlassung von Brunner-Salten zeige, dass der Bürgermeister mit seiner Politik gescheitert sei. Reineke richtet an ihn die Frage: »Was ziehen Sie persönlich für Konsequenzen?« Dieser Selbstprüfung dürfe sich auch Dr. Ulrich Conradi stellen.
Bürgermeister Michael Stickeln hat gestern »mit großem Befremden« auf die Forderung des SPD-Kreisvorsitzenden reagiert. Reineke sei offensichtlich nicht nur unvollständig, sondern sogar falsch über die derzeitige Situation des St. Petri-Hospitals informiert. Festzuhalten sei, dass die wirtschaftliche Lage des Krankenhauses heute besser sei als vor einem Jahr. Dies sei vor allem dem hochmotivierten Einsatz und dem finanziellen Beitrag der Mitarbeiter zu verdanken. Zudem sei das medizinische Leistungsspektrum in den nunmehr vorhandenen Abteilungen erweitert worden. Dies habe auch in gestiegenen Belegungszahlen seinen Niederschlag gefunden.
Die Entlassung des Geschäftsführers sei »sicherlich eine sehr unerfreuliche Angelegenheit«, so Stickeln. Die Entscheidung sei aber nach übereinstimmender Auffassung aller Krankenhausgremien unumgänglich gewesen. »Dabei kann jeder versichert sein, dass sich die betroffenen Entscheidungsträger die Entscheidung trotz der Schwere der Vorwürfe und fachanwaltschaftlicher Beratung nicht leicht gemacht haben«, äußert sich der Bürgermeister in einer schriftlichen Stellungnahme zu den Vorwürfen des SPD-Kreisvorsitzenden.
»Festzustellen bleibt, dass seit Monaten aus gewissen Kreisen eine bewusste Hetzkampagne gegen die Ratsmitglieder der Stadt Warburg und meine Person stattfindet mit dem offensichtlichen Versuch, die Verantwortlichen der Stadt einzuschüchtern und womöglich in eine bestimmte aus gewissen Kreisen gewünschte Richtung zu drängen. Festzustellen bleibt an dieser Stelle auch ganz deutlich, dass selbst mit diesen zum Teil ehrabschneidenden Methoden es nicht gelingen wird, die Verantwortlichen der Stadt Warburg in eine Richtung zu drängen, von der die Stadt Warburg nicht völlig überzeugt ist, dass diese im Sinne der Bestandssicherung und Weiterentwicklung unserer St. Petri-Hospitals ist«, so Stickeln weiter.
»Für überzogen« hält Kreisdirektor Dr. Ulrich Conradi die Kritik des SPD-Kreisvorsitzenden. Die Frage nach persönlichen Konsequenzen stelle sich für ihn nicht, sagte Conradi im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT, zumal die Entscheidung, den Geschäftsführer zu entlassen, in der Zweckverbandsversammlung, in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrats jeweils einstimmig erfolgt sei, »also auch unter Beteiligung der SPD-Mitglieder in den Gremien«, wie der Kreisdirektor betont. Die richtige Konsequenz aus den Vorgängen sei für ihn, sich nun an einen Tisch zu setzen und gemeinsam nach den besten Lösungen für das St. Petri-Hospital zu suchen. Das werde in der kommenden Woche geschehen.

Kommentar
Die Forderung des SPD-Kreisvorsitzenden Johannes Reineke, Bürgermeister Stickeln und Kreisdirektor Dr. Conradi sollten »persönliche Konsequenzen« ziehen, ist der politisch zwar legitime, aber dennoch untaugliche Versuch, Kapital aus den Vorgängen um das St. Petri-Hospital zu schlagen.
Stickeln und Conradi sollen zwar nicht aus der Personalverantwortung entlassen werden - und sie selbst wollen das auch gar nicht -, aber vor dem Hintergrund der Reineke-Kritik bleibt doch festzuhalten, dass die SPD-Mitglieder in den Krankenhausgremien bei den jeweils einstimmig erfolgten Beschlüssen zur Einstellung und zur Entlassung des Geschäftsführers mitgestimmt hatten.
Wenig hilfreich ist auch der Hinweis auf die umstrittene »Pergamon«-Entscheidung, denn im Warburger Stadtrat war die SPD Ende 2004 mehrheitlich dem von Bürgermeister Stickeln aufgezeigten Weg gefolgt - im Gegensatz zur Haltung der sozialdemokratischen Kreistagsfraktion. So einig, wie es der Kreisvorsitzende jetzt weismachen möchte, waren sich die Sozialdemokraten seinerzeit nun wirklich nicht.
Offensichtlich vertraut Johannes Reineke der Kraft der eigenen Argumente aber selbst nicht so ganz, denn seine Forderung nach »persönlichen Konsequenzen« (welche?) klingt doch ziemlich blutleer. Ulrich Schlottmann

Artikel vom 11.01.2006