11.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Nachtgebet« im Hochchor

Domorganist Gereon Krahforst spielte eigene Werke

Von Günther Kunert
Paderborn (WV). Eine neue Konzertreihe hat Domorganist Gereon Krahforst kreiert: »Internationale Orgelkonzerte im Hohen Dom zu Paderborn 2006« - und damit rückt er ab vom bisherigen Zyklus-Konzept.

An jedem zweiten Montag eines Monats findet zukünftig ein Orgelkonzert an den Domorgeln statt. Mit diesem Konzept können Krahforst und seine Gäste eindeutiger auf das Kirchenjahr und seine liturgische Prägung eingehen.
Mit eigenen Werken eröffnete Krahforst diese Reihe am vergangenen Montagabend. Wann kann man das schon erleben, dass ein Komponist seine eigenen Werke aufführt und dann noch ein »Nocturne (2003)« als Uraufführung? Krahforst präsentierte eindrucksvoll »Symphonisches« aus drei Schaffensperioden: die 1. Orgelsymphonie in der Phase als Abiturient und Jungstudent entstanden, die »Suite francaise« aus Kölner Studienzeiten und das Paderborner »Nocturne«.
Französisch-romantisch ist die Orgelsymphonie konzipiert, zeigt sie durchaus das jugendliche Temperament im eindrucksstarken Allegro-Eingang, der die breiten Akkorde in Art einer Ouvertüre präsentierte. Von Klangsinn für die Turmorgel und kompositorischen Raffinement zeugten Krahforsts Mittelsätze, seien es die elegische Aria oder das entrückte Adagio - Krahforst lieferte eine überzeugende Palette von thematischen Ideen, die eigenständig einen Personalstil vertreten, der auch neobarockes Klanggewand sucht. Subtil und ganz polyphon in den Strukturen erklang das Trio mit farbiger Registrierung, dem der Paderborner Domorganist das Marienlied »Gegrüßet seist du Königin« thematisch zugesellte. Das Finale dieser Symphonie bestand in der kompositorischen Substanz aus einer Fuge mit einer Introduktion, die die Krönung des Organistischen bildete und nach den kontrapunktischen Verdichtungen die Marienhymne zitierte.
Das mit den vielseitigen Klangfarben der Chororgel uraufgeführte »Nocturne« kam in seiner lockeren Fügung von Flötenkantilenen wie ein »Nachtgebet im Hochchor« daher. Mystisches in den ätherischen Streicherklängen und Akkordisches bestimmten den Ausdrucksgehalt, der in das Zitat des Komplet-Hymnus mündet: »Te lucis ante terminum«.
In der abschließenden »Suite francaise« bot Krahforst alle Facetten seiner Auseinandersetzung mit Franck, Widor, Tournemire und Dupré auf. Dabei beeindruckte das hohe Maß an Eigenständigkeit in der Tonsprache, sei es im aufbrausenden Prelude oder in den humorvollen Passagen des »Scherzo et fanfare«, sei es im Spiel mit den grundtönigen Farben im vierten Satz oder in der Tiefgründigkeit des »Prière«. Eine intensives Auseinandersetzung mit der französischen Symphonik zeigte sich hier ebenso wie eine kompositorische Überzeugungskraft, die die Hörer auch in der mitreißenden Toccata am Schluss überzeugte. Domorganist Krahforst präsentierte Großformen in bester Darbietung, auf die das Publikum trotz des verspäteten Beginns infolge eines »Heulers« mit großzügigem Beifall reagierte.

Artikel vom 11.01.2006