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»Wraps« im stillen Dialog

Artemis Herber beim Kunstverein

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Ihr Thema ist der Raum. Artemis Herber verändert ihn durch begehbare Installationen. Oder sie lässt von ihren Bildern eine so starke Sogwirkung ausgehen, dass sich der Betrachter in den dargestellten Straßenraum geradezu hinein gezogen fühlt.

Gut zehn Jahre ist es her, dass die gebürtige Paderbornerin, die zurzeit in den Vereinigten Staaten lebt, in ihrer Heimat ausgestellt hat. Einen Weihnachtsbesuch bei Verwandten in der Domstadt verbindet die 45-Jährige nun mit einer Präsentation aktueller Arbeiten in den Räumen des Kunstvereins am Abdinghof. Hier zeigt Artemis Herber unter dem Titel »Lost Spaces« (Verlorene Räume) Skulpturen und Rauminstallationen aus bemalter Wellpappe sowie Straßenszenen und Landschaften in Acryl auf Leinwand.
Aus dem alltäglichen Verpackungsmaterial Pappe, das nach Gebrauch in der Regel weggeworfen wird, formt Artemis Herber faszinierende Kunstwerke. Die Bahnen werden mal einseitig, mal auf beiden Seiten bemalt, dann gerollt und längs eingeritzt. Dadurch sind sie knickbar und erhalten eine erstaunliche Festigkeit. Die Künstlerin stellt schlanke, hochformatige Exemplare in Gruppen auf und erweckt damit den Eindruck, es handle sich hier um Figuren, die sich einander im Gespräch zuwenden oder sich wankend aufeinander zubewegen. Der Betrachter darf durch diese Installationen hindurch gehen und erblickt die Situation aus wechselnder Perspektive.
Kleinere »Wraps« (Rollen), so nennt Artemis Herber ihre Papp-Skulpturen, stellt sie auf Sockel. Durch die Wahl verschiedener Farbsorten erinnern sie an Figürliches aus Metall, Leder, Keramik oder Holz.
Die Großräumigkeit amerikanischer Landschaften und Städte hat in den Bildern der Paderbornerin etwas Bedrohliches. Düstere Farben vermitteln einen Eindruck von Trostlosigkeit, irgendetwas Lebendiges ist nicht zu sehen. Durch die Anordnung von Architektur oder die Wahl starker Farbkontraste entwickelt Artemis Herber zudem eine plastische Wirkung, es bildet sich ein Raum. Linien, die in unbestimmte Tiefen führen, ziehen den Blick des Betrachters weit hinaus in die Ferne einer von Strommasten gesäumten Landstraße oder hoch hinauf an die Spitze eines Wolkenkratzers.
Die Ausstellung wird heute Abend, 19 Uhr, mit einem Einführungsvortrag von Prof. Dr. Walter Schrader eröffnet.

(Lost Spaces, Artemis Herber, bis 5. März, Kunstverein-Galerie am Abdinghof, geöffnet Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr)

Artikel vom 11.01.2006