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Lebenswerte
Dörfer stärken

Dreikönigstagung in Hardehausen

Brakel/Hardehausen/ (WB/cr). Die Chancen einer modernen Dorfentwicklung und der demographische Wandel im ländlichen Raum standen ebenfalls im Blickpunkt der traditionellen Dreikönigstagung an der Landvolkshochschule Hardehausen.

Dr. Anke Schekahn vom Kasseler Institut für ländliche Entwicklung referierte über »Lebenswerte Dörfer - Chancen moderner Dorf- und Kommunalentwicklung«. Sie skizzierte die Veränderungen, die das dörfliche Leben in den vergangenen 30 Jahren erfahren hat, insbesondere den Verlust von Versorgungsinfrastruktur (Post, Polizei, Lebensmittelgeschäft, Bank) und einen erheblichen Strukturwandel bei landwirtschaftlichen Betrieben, Handwerkern und Reparaturwerkstätten. Ohne Zuwanderung wäre schon jetzt vielerorts eine Bevölkerungsabnahme zu verzeichen, sagte Dr. Schekahn, »schon jetzt gibt es überall mehr ältere und weniger junge Menschen«.
Lebenswert könne ein kleiner Ort dann sein, wenn die Bedürfnisse von Senioren, Frauen, Kindern und Jugendlichen gleichermaßen berücksichtigt würden. Dafür könnten die Einwohner einiges tun, betonte die Wissenschaftlerin aus Kassel. »Die im Dorf möglichen Einkäufe im Dorf tätigen und dadurch Leerstände vermeiden, die eigene Baukultur wertschätzen und Gebäude modernisieren« nannte sie als Beispiele. Wichtig sei zugleich die Offenheit und Toleranz gegenüber Fremden, insbesondere bei unterschiedlichen Generationen, Betriebsnachfolgern und Zuwanderern.
Im zweiten Referat des Tages beleuchtete Landrat Hubertus Backhaus das Thema »Ländliche Räume im Wandel am Beispiel des Kreises Höxter«. Grundsätzlich sei das Leben im Dorf attraktiv, da die allgemeinen Lebensbedingungen sowie der Lebensstil der Dorfbewohner ohne Nachteile gegenüber denen der Städter seien, unterstrich Backhaus. »Im Gegensatz zur Anonymität der Großstadt sind soziale Interaktionen und Integration in Dörfern selbstverständlich«, so der Landrat, »sie sind lebenswert zumal dann, wenn die Orte in eine reizvolle Landschaft mit vielen Freizeitmöglichkeiten eingebettet sind«.
Die Selbstorganisation bilde vielerorts die Grundlage der Dorfgemeinschaft. Prägend seien ein hohes Maß an Eigeninitiative und Selbstorganisation auf ehrenamtlicher Grundlage, ebenso das Wirken gemeinnütziger Vereine und ähnlicher Vereinigungen etwa bei der Jugendarbeit, bei kulturellen oder sozialen Angeboten. Bürgerschaftliche Selbtshilfe könne hier viel bewirken.
Gleichwohl gebe es Gefahren für die Entwicklung der Dörfer. Backhaus nannte hier etwa den weiterer Rückgang bei der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe und die weitere Zentralisierung im Schulwesen infolge der Bevölkerungsentwicklung. Auch sei eine mittel- und langfristige Zunahme der Haus-Leerstände durch den Bevölkerungsrückgang bei weiterem Ausweis von Neubausiedlungen denkbar, sagte er.

Artikel vom 11.01.2006