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Große Kinowelt in kleinem Ort

Volker Flohre betreibt erfolgreich die Else-Lichtspiele in Bruchmühlen

Von Marold Osterkamp
Rödinghausen-Bruchmühlen (os). Kino braucht Leidenschaft. Wenn andere sich vergnügen oder vor Spannung kaum atmen möchten, arbeitet Volker Flohre hinter den Kulissen. Seit fünf Jahren betreibt er nun die Else-Lichtspiele in Bruchmühlen, ein kleines, aber feines Kino mit großer Tradition. Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, dass kleinere Orte ein eigenes Kino haben, in Bruchmühlen funktioniert es seit vielen Jahrzehnten.

Seit mehr als 50 Jahren werden hier Filme gezeigt, jeden Tag in der Woche. Flohre (38) bemüht sich, immer die aktuellen Hits nach Bruchmühlen zu holen, viele zeitgleich mit dem Bundesstart. 139 Plätze hat sein Kino und strahlt vor allem im Foyer das Flair der Siebziger Jahre aus. Die Technik allerdings ist von heute.
Auch aus den benachbarten Kommunen kommen Kinobesucher gern, um ein Kinogefühl zu erleben, das mit aktuellen Filmen in die Vergangenheit führt. Der Stil soll erhalten bleiben. Wenn Flohre das Kino in absehbarer Zukunft renoviert, werden die Stilelemente aus den Siebziger Jahren, etwa die typischen, selten gewordenen Kinolampen im Foyer erhalten bleiben.
Volker Flohre macht eigentlich alles selbst, bucht die Filme, kümmert sich um die Buchhaltung, sitzt an der Kasse und verkauft die Eintrittskarten und führt die Filme vor. Wenn die ganz großen Hits laufen, schafft er es allerdings ohne Hilfe nicht. »Bei "Harry Potter" standen die Kinofans Schlange, und ich musste einige nach Hause schicken, weil wir ausverkauft waren.« Bei solchen Hits wünscht er sich schon mal, mehr als 139 Plätze zu haben. Dabei wird es aber bleiben, denn einen zweiten Saal lassen die Räumlichkeiten nicht zu.
Nicht immer ist es leicht, die Filme dann zu bekommen, wenn sie gerade anlaufen. Die Verleiher schauen auf die Platzzahlen, und drei Wochen sollten die Hits schon laufen. Startet in dieser Zeit ein weiterer, muss er warten.
Einen Lieblingsfilm hat Volker Flohre nicht, »manchmal habe ich nicht einmal Zeit, mir die Filme selbst anzusehen.« Das letzte Kinojahr war eher durchwachsen, es fehlten bis auf »Harry Potter« die ganz großen Hits, und manche Filme haben die Erwartungen nicht erfüllt. Solche Jahre gibt es immer einmal, aber das nächste scheint wieder ein besseres zu werden. »Einige Titel sind sehr viel versprechend.«
Über die Besucher-Resonanz kann Volker Flohre nicht klagen. Sein Kino läuft gut, und er ist guten Mutes, dass es so bleibt, obwohl es der Branche insgesamt schon einmal besser ging. In den Großstädten gibt es eine Überkapazität von Leinwänden, auf dem Lande ist der Schrumpfungsprozess wohl schon abgeschlossen. Auch in Melle existierte früher einmal eine weitaus größere Kinolandschaft.
Volker Flohre hat gerade in die 35-MM-Projektionstechnik investiert. Er glaubt nicht, dass die digitale Revolution im Kino so schnell kommt, wie vor einiger Zeit noch prophezeit. »Verschiedene Systeme konkurrieren, die dauernd verändert werden, außerdem ist die rechtliche Situation ungeklärt, und die Verleiher fürchten die Raubkopierer, so lange ihre digitalen Systeme nicht sicher sind.« Die Qualität der traditionellen Projektion mit Filmrollen sei darüber hinaus sehr gut.
Die Zukunft fürchtet Volker Flohre nicht, denn das Kinoerlebnis bleibt auch in Zeiten von DVD und den Folgestandards unerreicht.

Artikel vom 07.01.2006