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Babys aus dem Kröckelteich

Was die Kinder und Erwachsenen früher glaubten - Geist in der Rämmelkenbrücke

Rheda-Wiedenbrück (de). Früher, noch in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, wurde den Kindern in Rheda erzählt, die Babys kämen aus dem Kröckelteich, und manchem Erwachsenen gruselte es wegen eines Spuks auf der Straße nach Oelde am Schwarzen Holz auf der Marburg.

Längst gibt es keinen naiven Kinderglauben mehr, und die Oelder Straße ist weitgehend angstfrei. Keineswegs vergessen ist, was die Kinder und Erwachsenen früher glaubten. Und deshalb ist es noch immer etwas unheimlich, wenn abends am Kaminfeuer von damals geredet wird.
Dem Spuk am Schwarzen Holz hat der Kreis im Zuge des Straßenausbaues auf Anregung des Heimatverein Rheda sogar ein Denkmal gesetzt. Es erinnert an der Oelder Straße an die sagenumwobene Brücke, die sich in unmittelbarer Nähe befand und Rämmelkenbrücke genannt wurde. In der Rämmelkenbrücke soll früher ein Geist gehaust haben, der Passanten viel Schrecken bescherte; es sei denn, sie sagten folgenden Spruch auf, wenn sie die Brücke betraten: »Rämmelken, Rämmelken, rüttele dich, bist du von Gott, komm zu mir, bist du vom Teufel, bleib von mir«. Genau dieser Spruch ist in den Gedächtnisstein eingemeißelt worden. Der Sage nach hatten eines Tages zwei betrunkene Bauern im Übermut auf der Brücke den Vers verdreht und gesagt: »Rämmelken, Rämmelken, rüttele dich, bist du vom Teufel, komm zu mir, bis du von Gott, bleib von mir«. Kaum hatten die Männer diesen Spruch gesagt, erboben sich Donner und Geschrei unter der Brücke. Der Geist zeigte sich und spukte noch lange vor dem Haus, in das sich die Bauern geflüchtet hatten. Morgens fanden sie den Geist verdorrt in einem Baum. Der Spuk war vorbei, blieb aber in den Köpfen der Menschen wach. Man blieb vorsichtig, murmelte den alten Antispukvers.
Kein Spuk belastete den Kröckelteich, den es ja heute noch gibt. Aber die Verkohlerei der Kinder durch die Erwachsenen blieb haften. Generationen praktizierten bei Kleinkindern so die Aufklärung. Obwohl der Kröckelteich im Winter als Eisbahn diente, umgab ihn immer etwas Geheimnisvolles. Früher lag er ganz versteckt, kaum zugänglich am Ende von langen Gärten der Häuser an der Berliner Straße. Seine Ufer waren überwuchert von Strauchwerk und Schilf. Die moderne Zeit machte der Idylle und dem Tierparadies, in dem sogar der Eisvogel seine Heimat hatte, den Garaus. Durch den Bau der Schloßstraße wurde er von vielen Seiten sichtbar und verlor die Phantasie anregende Eigenart. Wenn aber Nebel fällt, wie vor einigen Tagen, dann ist es leicht, sich vorzustellen, dass hier früher ein verwunschenes Stück Rheda lag...

Artikel vom 05.01.2006