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Mehr Macht
ist umstritten

Politiker zu NRW-Regierungsplänen

Von Frank Spiegel
und Ingo Schmitz
Kreis Höxter (WB). Auf eine Dauer von acht Jahren sollen Bürgermeister und Landräte von 2009 an gewählt werden. Zudem sollen die Wahlen der Stadt- und Kreisoberhäupter unabhängig von den alle fünf Jahre stattfindenden Kommunalwahlen erfolgen. Sie sollen auch mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden und nicht mehr mit 68 Jahren in den Ruhestand müssen.

Darüber möchte die schwarz-gelbe Landesregierung von der kommenden Woche an diskutieren. Das WESTFALEN-BLATT hörte sich schon jetzt bei heimischen Kommunalpolitikern um:
Beverungens Bürgermeister Christian Haase (39, CDU) begrüßt die Pläne der Landesregierung. Dass er sich nach acht Jahren Zeit als Bürgermeister schon nach nur einer Wahlperiode die Pension gesichert hat, ist für ihn zweitrangig. »Ich bin sowieso nicht nur für eine Amtszeit angetreten, ich bin ja noch jung«, so Haase.
Dass es für ihn keine weitere Amtszeit geben wird, das ist für Höxters Bürgermeister Hermann Hecker (CDU) keine Frage -ĂŠauch wenn er mit der Aufhebung der Altersgrenze theoretisch weiter machen könnte. Er wird im Juni 2009 68 Jahre und müsste nach der bisherigen Regelung ausscheiden. »Wenn man 68 Jahre alt ist, dann sollte man auch jüngeren Leuten Platz machen«, verdeutlicht Hecker.
Grundsätzlich hält er aber die Verlängerung der Amtszeit und die Loskopplung von der allgemeinen Kommunalwahl für sinnvoll. Hecker: »Man braucht nicht so frühzeitig Rücksicht zu nehmen. Wenn man so eine Position hat, muss man auch mal Entscheidungen treffen, die Einzelnen oder Gruppierungen nicht schmecken. Da schielt man natürlich auch nach dem nächsten Wahltermin.«
Gegen eine achtjährige Amtszeit ist Ludger Roters, Fraktionsvorsitzender der Bündnisgrünen im Höxteraner Rat: »Ich finde es gut, wenn man häufiger die Gelegenheit hat zur Wahl.« Acht Jahre seien zu lang. Für problematisch an der geplanten Reform der Gemeindeordnung hält er die Pläne, die Rechte der Bürgermeister zu stärken. Wenn man den Bürgermeister zwischendurch per Bürgerbegehren abwählen könne, nur dann könnte er sich eine Wahl auf acht Jahre vorstellen.
Unterstützung erhält der Bündnisgrüne von ungewohnter Stelle: Meinolf Kremeyer, Fraktionsvorsitzender der CDU im Kreistag, ist persönlich ebenfalls der Meinung, dass acht Jahre zu lang sind. »Eine so lange Amtszeit gibt es für keinen Minister, keinen Kanzler, keinen Präsidenten oder Abgeordneten«, so Kremeyer, der Wert darauf legt, mit dieser Ansicht nicht die Meinung der Fraktion zu vertreten. »Wer in den fünf Jahren beweist, dass er gut ist, wird auch wiedergewählt«, meint der Bad Driburger. Er hält auch die Aufhebung der Altersgrenze für falsch. »Dann kommen sich manche so unabkömmlich vor, dass sie den Stuhl nicht räumen«, glaubt der 69-Jährige. Eine Kompetenzerweiterung hält Kremeyer ebenfalls für falsch: »Damit degradiert man die Räte und Kreistage zu Aufsichtsräten.« Er sei hier »ausnahmsweise einer Meinung mit der UWG« (das WESTFALEN-BLATT berichtete).
Wolfgang Kuckuk, SPD-Fraktionschef im Nieheimer Rat, würde sich wünschen, dass die Wahl des Bürgermeisters weiter an die Wahl des Stadtrates gekoppelt ist. Auch in fünf Jahren habe man eine Menge Gestaltungsspielraum, das müssten nicht acht Jahre sein. Kritisch sieht er auch die Ausweitung der Macht von Bürgermeistern etwa bei Personalentscheidungen: »Vernünftige Kommunalpolitik braucht ein starkes Parlament. Das muss auch eine gewisse Machtbefugnis haben. Man kann den Bürgermeistern nicht noch mehr Macht geben.« Dann würde Kuckuk lieber zurück zur Aufgabenteilung Bürgermeister/Stadtdirektor kommen.
Bürgermeister Ulrich Jung (58) aus Marienmünster bewertet den Vorstoß der NRW-Landesregierung als positiv. »Eine Verlängerung der Amtszeit gibt insbesondere auch Bürgern die Möglichkeit in das Amt einzusteigen, die nicht aus dem Verwaltungsbereich kommen«, erläuterte Jung seine Meinung. Die Bewerber, die für das Bürgermeisteramt ihren Job aufgäben, würden somit bei einer Wahl kein berufliches Risiko eingehen, da sie nach acht Jahren Pensionsansprüche hätten.
Auch die Entkoppelung der Bürgermeisterwahl von der Ratswahl sieht Jung positiv. »Die Wahl des Bürgermeisters ist eine Persönlichkeitswahl. Durch eine Trennung bekommt die Wahl des Bürgermeisters eine größere Bedeutung. Dadurch entsteht für die Bürgermeister auch mehr Unabhängigkeit von den Parteien.«

Artikel vom 05.01.2006