04.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Baugebiet kommt teuer«


Um den Rückgang bei der Bautätigkeit (nicht nur in Hüllhorst) und das bisher eher geringe Interesse am Baugebiet Eierfeld in Oberbauerschaft geht es in einem Leserbrief des ehemaligen stellvertretenden Landrats und früheren SPD-Kommunalpolitikers Jürgen Meister, den er als offenen Brief an den Hüllhorster Bürgermeister verfasst hat und den wir in Auszügen nachdrucken:
(...) »Für jeden vernunftbegabten und realistisch denkenden Menschen war seit einigen Jahren die rückläufige Bevölkerungsentwicklung und das damit verbundene einschränkende Siedlungswachstum, der Überhang an Baugrundstücken, die vielen leerstehenden Wohnungen usw. hinreichend bekannt. Es ist nicht oder nur schwer zu verstehen, dass das den für die Gemeinde Hüllhorst Verantwortlichen offenkundig verborgen geblieben ist.
Das berechtigt alle Bürger zu der Frage, warum die Gemeinde gegen alle - vor allem wirtschaftliche - Vernunft in den letzten Jahren immer noch neue, zum Teil überdimensionierte Baugebiete ausgewiesen hat. Nach dem Motto: »Jedem Ortsteil sein Wohngebiet.« 124 Bauplätze sind, so Bauamtleiter Hans Knefel, zur Zeit in erschlossenen Baugebieten im Angebot, die auch nach seiner Auffassung und erfahrungsgemäß oft erst in einigen Jahren bebaut werden. Weitere Baugebiete sind nach seiner Aussage in Planung.
Erwähnt werden dabei nicht die Baugrundstücke, die außerhalb der Bebauungsplangebiete bebaut werden können. Es sind z.B. die, die innerhalb einer im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegen. Besorgte Bürger fragen sich daher, welchen Zwecken das dient und wem das alles nutzt? Soll Hüllhorst zum »Eldorado« (Sonnenland) für bauwillige Wohnungssuchende werden? Allein die Erschließung der neuen Baugebiete kostet bekanntlich sehr viel Geld, das, wenn die Aussagen von Herrn Knefel richtig sind, zwar weitestgehend von den Investoren aufgebracht wird. Richtig ist aber auch, dass die Gemeinde in jedem Fall mindestens zehn Prozent des Erschließungsaufwandes selbst aufbringen muss und dass die Gemeinde - neben den allgemein üblichen Folgekosten - die Erschließungsanlagen auf Dauer funktionsfähig unterhalten muss. Das gilt auch dann, wenn in dem Baugebiet nur vereinzelt Wohnbauten errichtet wurden.
Langjährig brachliegende Baugrundstücke und wenig genutzte Erschließungsanlagen sind aus wirtschaftlicher Sicht teure Investitionen. Unabhängig davon, dass sie als Torso ein unschönes Bild bieten, stellt sich die Frage: Wer trägt das Risiko? Ist es der Eigentümer, der Investor oder die Gemeinde? Gibt es zu diesen Fällen eine Kosten-Nutzen-Analyse?
Als langjähriges Mitglied in kommunalpolitischen Gremien der Gemeinde Hüllhorst und des Kreises stelle ich mir oft die Fragen: Ist die Erforderlichkeit der jeweiligen Planung nicht mehr nachzuweisen? Spielen die Finanzen der Gemeinde und die Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der abgabepflichtigen Bürger keine Rolle mehr? Die von der Gemeinde in diesen Fällen aufzubringenden Kosten sind öffentliche Gelder!
Zu den mehr als 40 neuen Baugrundstücken im Bebauungsplangebiet »Eierfeld« erlaube ich mir die Fragen, ob diese bei dem raumordnerischen Status einer Eigenentwicklung im Sinne des Gesetzes »erforderlich« waren und ob es zulässig war, über Grundstücksgeschäfte, an denen die Gemeinde unmittelbar beteiligt war, dem Investor Reinhard Oberhongsermeier die Möglichkeit zu verschaffen, die Grundstücksfläche zu erwerben, auf denen inzwischen fünf Wohnhäuser errichtet wurden.
Sind bei dieser Bauleitplanung die Ziele der Raumordnung beachtet worden? Und wurde die gesetzliche Verpflichtung zur Rücksichtnahme über die Entwicklung der benachbarten Städte und Gemeinden berücksichtigt? Das ist offensichtlich nicht geschehen, denn der Investor Oberhongsermeier erwartet in diesem Falle vor allem einen Zuzug aus den Städten Lübbecke, Löhne und Bad Oeynhausen. So steht es in der Beschreibung, die die Grundlage für die Bauleitplanung war.
Der Gipfel der Dummheit oder Unverfrorenheit ist jedoch, wenn aus der CDU-Fraktion verlautet, dass in der Gemeinde Parkplätze fehlen. Wenn auf einem relativ kleinen Baugelände im Eierfeld mehr als 40 Gebäude geplant sind, müssen Parkplätze fehlen. Das könnte jedes Kind im zweiten Schuljahr ausrechnen. (...)
JÜRGEN MEISTER32609 Hüllhorst

Artikel vom 04.01.2006