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Städte sehen die Sicherheit gewährleistet

Nach dem Unglück in Bad Reichenhall: Wie sicher sind die Hallendächer in Brakel und Bad Driburg?

Von Michael Robrecht
und Jürgen Köster
Bad Driburg/Brakel (WB). Nach dem Einsturz der Eis- und Schwimmhalle in Bad Reichenhall stellen sich die Bauämter in den Städten des Kreises Höxter die Frage, ob sich so ein tragischer Unfall mit Dutzenden Toten und Verletzten in heimischen Turn- und Dorfhallen, in Großmärkten oder Fabrikgebäuden wiederholen könnte. Wie sicher sind die Konstruktionen in Brakel und Bad Driburg? Das WESTFALEN-BLATT hat gestern nachgefragt.

»Regelmäßige statische Überprüfungen werden von Seiten der Stadt Bad Driburg nicht vorgenommen. Brandschutztechnische Tests erfolgen allerdings regelmäßig«, erklärt Wolfgang Tewes, bei der Stadtverwaltung zuständig für Hochbau und Gebäudemanagement. Vor etwa acht bis zehn Jahren sei die Dachkonstruktion der Großturnhalle in der Kernstadt überprüft worden. Hier handelt es sich laut Tewes um ein Flachdach mit Leimbindern, bei dem eine Spanne von 27 Metern zu überbrücken sei. Bei den normalen Sporthallen innerhalb der Großgemeine Bad Driburg seien solche Dimensionen nicht vorhanden. Bei einer Größe von 15 mal 27 Meter sei die Tragweite hier maximal 15 Meter. »Dabei kann es unter normalen Umständen nicht zu Problemen kommen«, stellt Tewes fest.
Bei der Großturnhalle seien in der Dachkonstruktion Hohlräume vorhanden, von denen aus die Faltwände gewartet werden können. Verschleißteile müssten geschmiert, der Motor überprüft werden. »Wir müssen hinsichtlich unserer Hallen nicht in Panik verfallen. Sollten einmal 50 Zentimeter Schnee fallen, dann wäre eine Prüfung anzuraten«, beruhigt der Gebäudemanager. Solche Schneemengen seien in Bad Driburg die Ausnahme.
»Die Hallen in und um Brakel stehen unter ständiger Beobachtung«, sieht Winfried Gawandtka, Pressesprecher der Stadt Brakel, die Sicherheit gewährleistet. Vorgeschriebene Routineprüfungen gebe es in NRW zwar nicht, »aber durch Sanierungen oder den Einbau von Heizungen sind die Flachdachkonstruktionen in den vergangenen Jahren alle überprüft worden«, so Gawandtka. Bei der Dreifachturnhalle mit Hallenbad am Bahndamm in Brakel beispielsweise habe man wegen ständiger Undichtigkeiten gleich ein Satteldach aufgesetzt.
Viele kleine Dächer, so in den Turn- und Gemeindehallen, hätten bei normalen Unterhaltungsmaßnahmen immer im Blickfeld gestanden. Zudem gebe es im Stadtgebiet keine solch großen Spannweiten wie bei der Eishalle Bad Reichenhall. Bei Fluchtwegen und Brandschutz seien Überprüfungen ständige Pflicht, bei Dachbelastung und Dachstabilität aber nicht, wobei man sehen müsse, dass es Schneemengen wie in Bayern hierzulande doch fast nie gebe. »Viele Hallen sind im Kreis statisch auch stabiler, weil sie Betonflachdächer oder wie in Gehrden Pultdächer, an denen Schnee abrutscht, haben«, so der Hinweis des Pressesprechers. Die Stadthalle Brakel habe schon 1926 ein Satteldach bekommen, Flachdächer seien Produkte der 60er und 70er Jahre. Bei den städtischen Hallen gebe es auch keinen Renovierungsstau.
Die Kreisverwaltung in Höxter als Bauaufsichtsbehörde hat sich mit Blick auf zunehmende Wetterkapriolen und auf Bad Reichenhall vorgenommen zu überlegen, wo vorsorglich Gebäude einer bestimmten Größe und Konstruktion geprüft werden müssen. »Wir denken über Untersuchungen nach«, sagt Abteilungsleiter Gerd Husemann, Bauexperte des Kreises. Die Verkehrs- und Standsicherheit eines Gebäudes werde bei der Schlussabnahme und beim Baugenehmigungsverfahren ein für alle mal abgeklärt. »Einmal standsicher, immer standsicher«, heiße es im Baurecht. Später gehe man Statikfragen nur dann nach, wenn Fälle augenfällig würden oder Beschwerden eingingen. Das sei sicher ein Mangel in der Gesetzgebung. Husemann rechnet nach dem Fall Bad Reichenhall damit, dass vom Gesetzgeber etwas komme. »Das haben wir beispielsweise nach Disco-Bränden auch schon erlebt«, so Husemann. Im Kreis Höxter habe die Bauaufsicht zudem viele Gebäude im Blick, weil man diese einfach gut kenne.

Artikel vom 05.01.2006