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Knappe Siege zeugen von Klasse

TuS Brockhagens schweres Auftaktprogramm kann die Weichen stellen

Von Johnny Dähne
Altkreis (WB). »Ich brauche mehr Details.« Was Ulknudel Dieter Hallervorden alias Hans Immer in seinem Kultfilm ÝDidi der DoppelgängerÜ von seinen Angestellten und Geschäftspartnern fordert, haben die drei WESTFALEN-BLATT-Experten Bernhard Kempa, Wolfgang Tarner und Klaus Kronsbein mehr als genug: Informationen über die fünf Handball-Landesligisten im Altkreis.

Frei nach dem Immerschen Motto »Schreiben Sie es auf, ich beschäftige mich später damit« bewerteten die drei vor der Saison die Spielstärke der Mannschaften aus Brockhagen, Steinhagen, Wether, Hörste und Versmold anhand der acht Parameter Torhüter, Defensivverhalten, Offensivstärke, taktische Möglichkeiten, Zugänge, Personal gesamt, Trainer und Umfeld. Mit der Gesamtwertung (siehe Tabelle), die alle drei Expertenurteile umfasst, sagten sie bereits im September die momentan gültige Rangfolge der Altkreisteams exakt zutreffend voraus.
TuS Brockhagen
Bergab geht es für Brockhagens Trainer Uwe Sonntag derzeit nur auf den Skihängen des Tiroler Pitztals. Der Coach des Klassenprimus verbringt dort seinen Urlaub bis zum ersten Training am Freitag, um dann an das Traumjahr 2005 (mit Landesligaaufstieg inklusive Sturm an die Tabellenspitze) anzuknüpfen. »Bei uns im Verein herrscht große Euphorie. Natürlich wollen wir diese Zeit so lange wie möglich genießen«, beschreibt Sonntag die derzeitige Seelenlage beim TuS. Für den Coach sind die nächsten drei Spiele auf dem Weg zum Gipfel von besonderer Bedeutung: »Die Derbys in Hörste, in Werther und gegen Versmold werden für uns richtungsweisend sein.«
Falls diese Partien siegreich gestaltet würden, »müssen wir uns über andere Sachen unterhalten«. Zum Aufstieg könnte es langen, wenn die jungen TuS-Akteure weiterhin so nervenstark agieren. Von fünf TuS-Partien, die mit einem Tor Differenz ausgingen, gewann Brockhagen vier und verlor nur einmal - 30:31 bei Verfolger Everswinkel. »Wir haben eben auch in kritischen Situationen unsere Klasse gezeigt«, freut sich Sonntag, den von seinen Neuzugängen insbesondere Lars Deppe überzeugt hat: »Er ist die optimale Verstärkung und hat klar die erwartete Leistung gebracht.«
Spvg. Steinhagen
Nach dem Abgang von Spielgestalter und Torgarant Christian Blankert nach Mennighüffen und einer dürftigen Vorbereitungszeit steht die Spvg. für viele Landesliga-Kenner überraschend auf Rang zwei der Tabelle. »Die Jungs haben sich nach einigen Fragezeichen zu Beginn der Serie super 'reingekämpft«, lobt Trainer Matthias Wieling. Vor allem die offensive 4-2-Abwehrformation und die ohne zeitraubende Schnörkel spielende Angriffsreihe machen Steinhagen zu einem der für Zuschauer attraktivsten Teams der Liga. 62,5 Tore fallen im Schnitt in den 60 Spielminuten mit Spvg.-Beteiligung - mehr als bei jeder anderen Landesliga-Mannschaft.
In Daniel Meßling (46 Tore) und Claas Szierbowski (66) sind zwei Spieler maßgeblich an der Trefferflut beteiligt, die wegen beruflicher Verpflichtungen nur sehr unregelmäßig mit der Mannschaft trainieren können. »Beide spielen bislang eine sehr gute Serie«, so Wieling über die beiden »Teilzeitarbeiter.« Grund zur Hoffnung, den Ortsrivalen und Tabellenführer noch abzufangen, gibt es bei den Schnapsdörflern allemal: Sollte eine ähnliche Rückrunde gelingen wie in der vergangenen Saison, als Steinhagen aus den letzten zwölf Spielen 21:3 Punkte in Serie holte und beinahe noch aufstieg, ist die Verbandsliga möglich.
TV Werther
Das erste Pflichtspiel des neuen Handballjahres findet kommendes Wochenende am Wertherberg statt, wenn in der ersten WHV-Pokal-Runde der VfL Bardenberg (bei Aachen) aus der Oberliga Mittelrhein seine Visitenkarte abgibt. »Ein echtes Highlight«, freut sich TVW-Coach Jens Großpietsch auf die Partie, bei der er gerne die positive Seite seiner facettenreichen Mannschaft sehen möchte.
Die Wertheraner sind so etwas wie die »launische Diva« der Liga: An guten Tagen schießt der Tabellenfünfte Topteams wie SC DJK Everswinkel 35:28 aus der Halle. Läuft es schlecht, kommen Ergebnisse wie jüngst die 36:40-Niederlage beim Rangneunten ASV Senden. »Unser Problem ist die Konstanz«, hat Großpietsch erkannt, der im Laufe der Saison des öfteren auf Leistungsträger wie Torwart René Pottmann oder Linkshänder Johannes Berendt verzichten musste. »Dennoch bin ich mit der bisherigen Saison ganz zufrieden. Wir haben beim Punktgewinn in Brockhagen und bei der knappen Niederlage gegen Steinhagen gezeigt, dass wir mit den Topteams mithalten können.« Großpietsch will den Kontakt zur Spitze so lange wie möglich halten. Ein weiterer Grund, warum es nicht für ganz vorne reicht, liegt für den Trainer in der Quantität des Kaders: »Wir haben einen Rückraumspieler zu wenig.«
TG Hörste
Schaut sich der geneigte Beobachter die Landesliga-Tabelle an und sieht, dass die »Rothosen« bei Rang sieben und 12:12 Punkten im gesicherten Mittelfeld rangieren, könnte er gemeinhin denken, dass in der heimischen Masch die Pluspunkte eingefahren und in fremden Hallen die Zähler liegengelassen wurden. Das Gegenteil ist der Fall: Während auf fremdem Parkett vier von sechs Spielen siegreich endeten, reichte es bei insgesamt zwei Unentschieden nur für einen einzigen (!) Sieg in den heimischen Gefilden. »Es scheint so, als würden wir auswärts befreiter aufspielen. Unser Spiel ist dann irgendwie kraftvoller«, hat TG-Spielertrainer Michael Kölkebeck beobachtet.
»Bei enttäuschenden Heimspielen wie zum Beispiel gegen Isselhorst und Werther leisten wir uns immer wieder Einbrüche, die teilweise 20 Minuten andauern. Das ist einfach zu lang«, so Kölkebeck, der den »Fluch aus der Masch« natürlich so schnell wie möglich loswerden will. Mithelfen soll ein alter Bekannter: Rückraumshooter Frank Fronemann, den es beruflich nach Hessen verschlagen hatte, ist schon beim ersten Spiel gegen Brockhagen wieder mit von der Partie. Mit Blick aufs Stammpersonal ist »Maychrzak« im bisherigen »positiven Saisonverlauf« (O-Ton) insbesondere von seinem Goalgetter Sascha Tarner (95/29 Tore) angetan: »Er spielt bisher eine sehr gute Saison.«
Spvg. Versmold
»Sechs Punkte sind ein bisschen wenig.« Detlef Hein, Trainer der Spvg., macht bei der Zwischenbilanz keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. Dennoch unterstreicht er: »Von vornherein war klar, dass unser Ziel nur der Klassenerhalt sein konnte. Das hat sich bisher auch herauskristallisiert.« Dass Hein bei einigen Spielen auf verletzte (Tappmeier) oder beruflich verhinderte (Uthmann) Spieler verzichten musste, tat dem Altkreis-Sorgenkind natürlich besonders weh. »Wir können nur etwas erreichen, wenn wir nahezu vollzählig sind und jeder an seine maximale Leistungsfähigkeit herankommt.« Der ehrgeizige Trainer kann den zeitweiligen Ausfall der Leistungsträger mit »vier bis sechs Punkte, die uns jetzt fehlen« ziemlich genau einschätzen. Überflüssig zu erwähnen, dass diese nicht eingefahrenen Zähler einen komfortablen Mittelfeldplatz zur Folge gehabt hätten.
So bleibt nur viel Arbeit und die Hoffnung, doch drei Konkurrenten hinter sich zu lassen. »Wenn wir mannschaftlich geschlossen in die nächsten Spiele gehen, schaffen wir den Klassenerhalt«, sieht Hein noch alle Chancen. Wertvollen Zuwachs bekam der Kader bereits vor dem wichtigen 30:26-Sieg in Hiltrup: Kai Spilker hat nach dem Ausbau des Hauses seiner Schwiegereltern wieder verstärkt Zeit für Handball und trug sich bereits in Hiltrup mit zwei Treffern in die Torschützenliste ein.

Artikel vom 05.01.2006