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Mit dem Auto einmal rund um Afrika

Gesamtschullehrer Johannes Remling ist ein Jahr auf dem Schwarzen Kontinent unterwegs

Von Dunja Henkenjohann
Werther (WB). Eine Pause einlegen, nach Luft schnappen, den Alltag hinter sich lassen. Wer träumt nicht davon? Johannes Remling aus Kirchdornberg hat es getan. Der Lehrer der Peter-August-Böckstiegel-Gesamtschule ist seit 22. Juli auf dem schwarzen Kontinent »Rund um Afrika« unterwegs. Mit dem Auto.

Auf den Afrikageschmack ist der 55-Jährige gekommen, als er mit seiner Familie drei Jahre in der Hauptstadt Namibias gelebt und als Lehrer an der Deutschen Schule Windhoek gearbeitet hat. »Damals entstand mein Traum, Afrika zu umrunden. An der Haustür mit einem Auto zu starten und nach einem Jahr wiederzukommen. Und das geht«, sagt Remling.
Im Internet hat er sich ein Auto besorgt. Einen weißen Geländewagen mit doppeltem Tank, Wasserbehältern, Dachzelt, Kochvorrichtung, Kühlschrank, Kisten, Kästen und Bielefelder Kennzeichen. Remling: »So dass ich alles, was ich für ein Jahr auf dieser Reise brauche, an Bord habe. Das ist übrigens nicht viel.«
Ein Jahr aussteigen - das sei ein Privileg, das er als Lehrer habe, räumt Johannes Remling ein. Seine jüngste Tochter habe im Frühjahr 2005 Abitur gemacht. »Das ist für mich als Vater und altgedienter Lehrer ein guter Moment, eine Pause einzulegen, meine Träume herauszuholen und für eine Weile aus allen familiären, beruflichen und gesellschaftlichen Bezügen herauszutreten«, sagt der verheiratete Vater von zwei Töchtern.
Verbeamtete Lehrer können dieses »Sabbatjahr« jederzeit in Anspruch nehmen. Sie arbeiten einige Jahre je nach Vereinbarung vor (im Fall von Remling zwei Jahre auf einer vollen Stelle bei einem auf zwei Drittel reduzierten Gehalt) und bekommen das so angesparte Gehalt im Ferienjahr ausbezahlt. Zum neuen Schuljahr 2006 will Johannes Remling seinen Dienst wieder antreten.
Eine detaillierte Routenplanung hat der Gesamtschullehrer nie ausgearbeitet. »Ich lasse mich treiben. Bleibe, wo es mir gefällt, fahre dorthin, wo es sich lohnt, und was mir unterwegs empfohlen wird. Und genau das macht den großen Reiz dieser Reise aus«, erklärt Remling. Seine Route führte ihn zunächst über den Brenner nach Italien, mit der Fähre nach Griechenland, in die Türkei, nach Syrien, durch Jordanien, nach Ägypten, durch den Sinai nach Äthiopien. Weiter ging es nach Kenia, wo er nicht nur die Partnerschule »Good News Center« in Kibagare, sondern auch Werthers Umweltbeauftragten Werner Schröder (wir berichteten) getroffen hat. Inzwischen ist Johannes Remling in Simbabwe unterwegs, fährt in den nächsten Tagen weiter nach Mosambik und nach Südafrika. Remling: »Halbzeit in Kapstadt habe ich gesagt, und da bin ich dann auch.«
Nein, Angst habe er nicht, erklärt Johannes Remling. Die Begegnungen mit den Menschen seien in der Regel hoch erfreulich und interessant. »Und wenn ich mich mal wieder nach einer nicht selbst zubereiteten Mahlzeit oder nach einer warmen Dusche und Kompfort sehne, steuere ich eines der vielen Backpacker-Hotels an, wo ich zumeist für wenig Geld (fünf US-Dollar) draußen vor dem Haus in meinem Dachzelt kampiere«, erzählt der 55-Jährige. »So eine offene, abenteuerliche aber auch einfache Reise hatte ich Zeit meines Lebens nie. Ich bin sehr glücklich über diese Freiheit.«
Mehr als 600 Briefe an und von Familienmitgliedern und Freunden hat Johannes Remling inzwischen in seinem E-Mail-Speicher, darüber hinaus meldet er sich regelmäßig per Telefon (Remling: »Beim Handy in jedem Land eine neue Nummer.«) Natürlich gebe es gelegentlich auch Einsamkeit und Anwandlungen von Sehnsucht nach Familie und Freunden, sagt er. »Aber Heimweh habe ich nicht. Mir ist es selten besser gegangen.«

Artikel vom 04.01.2006