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Weltmeister - und
doch Außenseiter

Tischtennis-DM: Geheimtipp Patrick Baum

Von Ingo Notz
Kreis Minden-Lübbecke (WB). Es schien nicht sein Jahr zu werden. Er war gut. Zweifellos. Aber ein Rivale immer zum falschen Zeitpunkt besser. Die Kritik war deutlich - noch deutlicher und noch besser aber war die Antwort, die einen echten Champion auszeichnet. Es waren wenige Tage im Dezmeber, nach denen Tischtennis-Toptalent Patrick Baum das Jahr mit dem Fazit beschließen konnte: »Das ist ein super Gefühl.« Was in jenen kühlen Dezember-Tagen im österreichischen Linz passiert ist? Das! Patrick Baum holte sich als erster Deutscher den Jugend-Weltmeistertitel.

Und das mit der Vorgeschichte bei den anderen Highlights des Jahres 2005. Europe Top 12: Sieg angepeilt - und »verloren«. Europameisterschaft: Sieg angepeilt - und verloren. In der Bundesliga eine 3:7-Bilanz. Für Patrick Baum hatte das Jahr 2005 sicher nicht nur positive Seiten. Eine der dunkleren Stunden erlebte der Hesse dann ausgerechnet auch bei seinem Heimspiel in der Herrenwald-Halle in Stadtallendorf. Deutsche Meisterschaften, Achtelfinale, auf der anderen Seite stand David Daus - und der lag schon fast k.o. am Boden. Doch Patrick Baum hat den Sack nicht zu gemacht und das Match noch in sieben Sätzen verloren.»Mit dem Jahresende kann ich sehr zufrieden sein«, genießt der Nachwuchsstar des TTV Gönnern daher auch die goldenen Momente seiner immer noch jungen Karriere bewusst - vor allem den goldenen WM-Moment aus Linz, als er einige offene Rechnungen begleichen konnte.
Ein Weltmeister bei einer Deutschen Meisterschaft - das hat es seit 16 Jahren nicht mehr gegeben, als Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner bei den Herren triumphiert hatten. Patrick Baum wird 2006 also der dritte sein, dem dieses Gefühl beschert wird. Ein Riesengefühl - wie direkt nach dem verwandelten Matchball im WM-Finale: »Ich war total erleichtert, ein super Gefühl, ich habe mich super gefreut. Das hat noch eine Woche angehalten und im Training geht es seitdem einfacher. Man fühlt sich einfach gut, weil man weiß, dass man gut trainiert hat.“
Nach den langen, erfolgreichen Jugendjahren (»Auch dort hatte ich schon noch Ehrgeiz und Herausforderungen«) greift Patrick Baum nun endgültig bei den Herren an. »Das ist natürlich deutlich schwerer, aber auch eine große Herausforderung.« So etwas wie gegen David Daus 2005 soll ihm nicht noch einmal passieren. Das, was er schon im März 2005 fast geschafft hatte, ist nun sein Ziel für März 2006: »Ich werde versuchen, ins Viertelfinale zu kommen, aber das ist auch eine Frage der Auslosung.« Wie mitreißend Baum spielen kann, zeigte er nicht zuletzt 2003 bei der DM in Bielefeld, als er im Doppel mit Benjamin Rösner die Europameister Boll/Fejer-Konnerth aus dem Turnier warf.
Dass er von vielen Tischtennis-Experten nicht erst seither schon als Timo Bolls legitimer Nachfolger gesehen wird, dass er nicht nur vor Meisterschaftsspielen in einer Gönnerner Reihe mit den beiden erfolgreichsten Tischtennis-Assen des Landes steht, die auch vom Startrainer Helmut Hampl geformt wurden - ihm ist das völlig egal. Dass er genau wie Boll und Roßkopf Linkshänder ist - egal. Immer cool bleiben. »Da denke ich gar nicht dran. Ich habe ganz anderen Druck. Wenn ich gegen schlechtere Spieler gewinnen muss oder wichtige Spiele habe...“
Die warten auch 2006 auf Patrick Baum, für den die WM im eigenen Land aber noch zu früh kommt. Mittelfristig ist natürlich die Nationalmannschaft das Ziel und spätestens Olympia 2008 der Traum. Vor dem Traum steht aber noch eine andere offene Rechnung - und die will Patrick Baum in Minden begleichen.
www.ndm2006.de

Artikel vom 05.01.2006