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Mehr Macht für Bürgermeister lehnen viele ab

Acht Jahre Amtszeit und Entkoppelung von Ratswahl: Was Haller Politiker zu neuen Plänen sagen

Von Stefan Küppers
Halle (WB). Die schwarz-gelbe Landesregierung plant Änderungen der Gemeindeordnung, unter anderem die Amtszeitverlängerung für Bürgermeister von derzeit fünf auf acht Jahre. Zudem sollen die Kompetenzen der hauptamtlichen Verwaltungschefs gestärkt werden. Eine Aussicht, die bei den Fraktionschefs im Haller Stadtrat keineswegs nur Jubel auslöst.

Die geplante Entkoppelung von Kommunal- und Bürgermeister- beziehungsweise Landratswahl hält Wolfgang Bölling (SPD) nicht nur wegen drohender Wahlmüdigkeit und neuer Kosten durch einen weiteren Wahltermin für falsch. In den Augen von Bölling steckt hinter der Verlängerung ohnehin die Absicht, den hauptamtlichen Verwaltungschefs nach nur einer Amtszeit eine Pension zu sichern.
Diese Pension gibt es nämlich erst nach acht Jahren. Heute müssen Bürgermeister oder Landräte mindestens einmal wiedergewählt werden, um im Alter Pensionsansprüche zu erwerben. Die bisher praktizierte Nachversicherung in der Rentenversicherung ist für die Kürzerdienenden finanziell wesentlich unattraktiver. Für den SPD-Fraktionschef ist es allerdings nicht nachvollziehbar, warum Menschen, die in Wahlämter gehen, vom Grundsatz besser versorgt sein sollen als normale Arbeitnehmer.
Mit der Amtszeitverlängerung plant die Landesregierung auch eine Stärkung der Macht der hauptamtlichen Verwaltungschefs, insbesondere bei Personalangelegenheiten. Bislang entscheidet der Stadtrat bei Einstellungen oder Beförderungen ab Besoldungsgruppe A 10. Wenn dieser Einfluss dem Rat entzogen würde, hielte das nicht nur Wolfgang Bölling für einen Fehler. Auch CDU-Fraktionschef Heinz-Jürgen Köster bezweifelt, dass die Machtposition eines Bürgermeisters noch weiter gestärkt werden muss. Insbesondere bei wichtigen Personalentscheidungen (Schulleiter oder Fachbereichsleiter im Rathaus) sollten die gewählten Ratsvertreter weiter ein wichtiges Wort mitreden. Ansonsten hält Köster eine Amtszeit ähnlich der früheren Stadtdirektoren für richtig. Insbesondere Neulinge müssten die Zeit bekommen, sich einzuarbeiten. Von einer Abschaffung der Altersgrenze von 68 Jahren, wie sie ebenfalls im Gespräch ist, hält der CDU-Mann jedoch nichts.
Für Grünen-Fraktionschefin Helga Lange lebt die Demokratie vom Wechsel, weshalb ihr acht Jahre einfach zu lang sind. Wenn zusätzlich auch noch die Machtposition der Bürgermeister gestärkt werde, »haben wir in den Räten doch kaum noch eine Chance«. Die Grüne sieht mit großer Sorge, dass das Kompetenzgefälle zwischen Politik und Verwaltung immer größer wird. Die vom Volk gewählten Vertreter könnten ihre Kontrollaufgabe immer weniger wahrnehmen, warnt Helga Lange.
Claudius Bündgen (FDP) befürwortet eine längere Amtszeit. »Mit den Pensionsansprüchen habe ich aber ein Problem.« Ein Bürgermeister sollte selber vorsorgen, dafür aber auch ein anständiges Gehalt bekommen. Und wie ein Industriemanager müsse er in Personalfragen freie Hand haben.
Für STU-Chef Thomas Andres ist die Entkoppelung von der Wahl zu den Räten und Kreistagen ein Gewinn, weil bei der Bürgermeister- oder Landratswahl dann mehr die Personen und nicht die Parteien im Vordergrund stehen. Dieser Meinung ist auch Karl-Heinz Wöstmann, der mit der UWG ebenfalls einer kleinen Gruppe im Rat vorsteht. Während aber Andres die geplante Kompetenzausweitung für die Bürgermeister kritisch sieht, hält Wöstmann dies für sinnvoll. Wobei man mehr Kompetenzen einem guten Bürgermeister sicherlich lieber zubillige. In Halle muss 2009 neu gewählt werden. Die bisherige Amtsinhaberin Anne Rodenbrock-Wesselmann wäre dann 7 Jahre im Amt.

Artikel vom 03.01.2006