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Pedaltreter krachen am Padersee
zusammen - beide haben Schuld

Es gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme - Haftungsteilung


Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Wenn sich zwei Autos zu nahe kommen, bleibt es in den meisten Fällen beim Blechschaden. Fahrradfahrer haben indes weder Knautschzone noch Airbag. Die 42-jährige Sylvia J. aus Paderborn ábekam das schmerzhaft zu spüren.
Sie wollte auf ihrem Damenrad eine gemütliche Runde um den Padersee drehen - ein beliebtes Ziel für Pedaltreter. Peter L. war zur selben Zeit auf seinem Mountainbike unterwegs und hatte einen großen Gang eingelegt. Die von links kommende Frau bemerkte der Hobbyradsportler erst im letzten Augenblick - keine Chance mehr zum Bremsen. Mit einem kühnen Satz sprang der 28-Jährige aus dem Sattel, doch sein Rad rollte weiter, und es krachte.
Peter L. blieb unverletzt, doch Sylvia J. kam durch den Zusammenstoß zu Fall und zog sich bei dem Sturz ein Schädelhirntrauma, Platzwunden und Prellungen zu. Sie verbrachte drei Tage im Krankenhaus, eine geplante Reise musste sie absagen und war drei Wochen auf eine Haushaltshilfe angewiesen.
Die Paderbornerin verklagte ihren Unfallgegner auf 3000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz. »Er kam zwar von rechts, war aber auf seinem Mountainbike viel zu schnell unterwegs«, argumentierte ihr Anwalt Dr. Andreas Jolmes.
Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn sah die Schuld allerdings auf beiden Seiten. Der Beklagte sei objektiv zu schnell und zu unaufmerksam gefahren. In dem Naherholungsgebiet des Padersees habe er auf jeden Fall mit älteren und in eine Unterhaltung vertieften Fußgängern, spielenden Kindern oder anderen Radfahrern rechnen müssen. »Er hätte deshalb nur so schnell fahren dürfen, dass er jederzeit anhalten konnte«, stellte Richter Wolf-Dietrich Frank klar.
Die Klägerin treffe aber die gleiche Verpflichtung. Sie habe zudem die Vorfahrt des Beklagten missachtet. »Auch auf Fuß- und Radwegen gilt vorrangig das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, so dass eine Haftungsteilung angemessen ist«, befand das Gericht salomonisch. Sylvia J. bekommt nur 1500 Euro.
LG Paderborn, Az.: 5 S 135/04

Artikel vom 09.01.2006