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»Hartz IV problemlos bewältigt«

Landrat bewertet die Entscheidung für das Optionsmodell im Rückblick als richtig

Bad Oeynhausen (WB). Seit Beginn 2005 ist die umstrittene Arbeitsmarktreform Hartz IV in Kraft. Im Kreis Minden-Lübbecke wurden die übertragenen Aufgaben trotz nicht vorhersehbarer Schwierigkeiten ohne größere Probleme bewältigt. Das teilt zumindest die Mindener Komjob in ihrem Jahresfazit mit. Landrat Wilhelm Krömer (CDU) betont darin, dass es richtig gewesen sei, sich für die Selbstorganisation durch das so genannte Optionsmodell zu entscheiden. Das würden positive Rückmeldungen zum Beispiel aus der Wirtschaft bestätigen.
Zwei Mitglieder der Mannschaft des Bad Oeynhausener Stadtserviceprojektes »Boss« gehen durch die Innenstadt. »Boss« greift auf Hartz-IV-Empfänger zurück, die auf diesem Weg wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt werden soll.Foto: Hochstätter
Hartz IV im Kreis Minden-Lübbecke in Eigenregie zu organisieren, sei ein wirtschaftlicher Erfolg, sagt Landrat Wilhelm Krömer (CDU). Pro Arbeit arbeite hoch professionell.Foto: WB-Archiv

Es seien 50 Prozent mehr als die vom Bund veranschlagten 7 700 Bedarfsgemeinschaften zu versorgen gewesen. Derzeit befänden sich 22 942 Menschen in dem neu geschaffenen Sozialsystem.
Annähernd 6500 Menschen, die Arbeitslosengeld (ALG) II empfangen haben, wurden laut Komjob in den vergangenen 12 Monaten in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Arbeitsgelegenheiten vermittelt.
»Der im Kreisgebiet für die Beschäftigungsförderung zuständigen Pro Arbeit ist es dabei gelungen, 1 755 Menschen direkt in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren - und das trotz der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt«, betont Landrat Wilhelm Krömer.
Mit dem Aufbau der sechs Regionalteams der Pro Arbeit sowie der elf Anlaufstellen bei den Städten und Gemeinden habe vor allem der Service für die ALG II-Empfänger im Mittelpunkt gestanden, erläutert Hans-Joerg Deichholz, Vorstandsvorsitzender der Komjob und Sozialdezernent. Die Strategie der kurzen Wege für die Kunden sei aufgegangen. Weit mehr als 50 000 Gespräche hätten den Bedarf an persönlicher Beratung in allen Bereichen belegt. »Trotz der enormen Fallzahlentwicklung mit 11 572 Bedarfsgemeinschaften zum Jahresende, die unsere Erwartungen übertroffen hat, sind wir mit derzeit rund 150 im Optionssystem tätigen Mitarbeitern für den Anfang gut aufgestellt«,betonte der Komjob-Vorstand. Man wisse allerdings sehr wohl, dass eine weitere personelle Ausweitung noch erfolgen müsse.
Zur Zeit erhalten 16 089 Menschen Arbeitslosengeld II. 6 853 Familienangehörige beziehen das so genannte Sozialgeld. Bei Alt- wie auch Neufällen zeige sich immer wieder die Notwendigkeit, die Arbeitsuchenden mit Fortbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen für den Arbeitsmarkt fit zu machen. Ein wertvoller Schritt für den Weg in den ersten Arbeitsmarkt könne aber auch die Vermittlung in Arbeitsgelegenheiten, den so genannten Ein-Euro-Jobs, sein.
»Wir haben in diesem Jahr 2 547 Menschen die Gelegenheit gegeben, sich an Arbeitsbedingungen zu gewöhnen und zusätzlich Qualifizierungsanteile, wie zum Beispiel die Vorbereitung auf Schulabschlüsse ermöglicht«, betont Deichholz. Immerhin konnten nach den bis einschließlich Oktober ausgewerteten Ergebnissen bis zu zwölf Prozent der Teilnehmer aus Arbeitsgelegenheiten heraus in den 1. Arbeitsmarkt vermittelt werden. Für weitere 10 Prozent schlossen sich Qualifizierungsmaßnahmen an, um ihre Integrationschancen zu verbessern. Der Arbeitsschwerpunkt liege jedoch weiterhin bei den Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt. Insoweit ist eine Ausweitung der Arbeitsgelegenheiten nicht vorgesehen, auch wenn dadurch die Arbeitslosenquote gesenkt werden könnte. »Wir wollen dieses Instrument da einsetzen, wo es dem Hilfesuchenden nützt und nicht um die Arbeitslosenstatistik zu beeinflussen«, sagte der Vorstandsvorsitzende.
Einige Regelungen des Sozialgesetzbuches II seien jedoch dringend nachbesserungsbedürftig, insbesondere dort, wo gesetzliche Unklarheiten zu Lasten der betroffenen Menschen gingen. Dazu der Verwaltungsratsvorsitzende der Komjob Landrat Krömer: »Wir haben nicht auf gesetzliche Änderungen gewartet, sondern im Rahmen von Vereinbarungen Klarheit für die beteiligten Stellen und besonders für die Leistungsempfänger geschaffen. Erinnert sei hier nur an die Kooperationsvereinbarung bei der Berufsberatung, -Qualifizierung und Vermittlung von Jugendlichen mit der Arbeitsagentur Herford.«
2006 werde neben der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt die Verbesserung und Ausweitung der Serviceleistungen für Arbeitgeber ebenso einen Schwerpunkt bilden, wie die Integration junger Menschen an der Schwelle zum Arbeitsleben. Hier liege das Schwergewicht auf der Vermittlung von Ausbildungsstellen. Allerdings benötigten die Jugendlichen im Vorfeld oftmals gezielte Unterstützung, um den Anforderungen der Arbeitgeber entsprechen zu können.
Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe habe zu einem völlig neuen kombinierten Leistungssystem geführt, heißt es in der Komjob-Bilanz. Dabei sei es wichtig gewesen, die bestehenden Strukturen in den Städten und Gemeinden, um die Regionalteams der Pro Arbeit zu ergänzen und zusammenzuführen. Insgesamt sei der Kreis Minden-Lübbecke am Ende des Jahres 2005 gut aufgestellt und habe erste Erfolge zu verzeichnen: In der Gegenüberstellung von Aufwand und Nutzen lasse sich feststellen, dass ein Vermittler der Pro Arbeit im vergangenen Jahr im Durchschnitt 130 Personen in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt habe. Damit könne der Pro Arbeit eine hohe Professionalität bescheinigt werden. Bei monatlichen durchschnittlichen Gesamtausgaben pro Hilfeberechtigten von 423 Euro habe der Anteil der Personal- und Sachkosten für die umfassende aktive und passive Leistungserbringung 30 Euro. Diese Zahlen belegen nach Ansicht von Deichholz auch im Vergleich zu den umliegenden Arbeitsgemeinschaften die Wirtschaftlichkeit des Optionsmodells im Kreis Minden-Lübbecke.

Artikel vom 02.01.2006