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»Jalousie runter und Musik«

Tiere haben Silvester oft Angst - Tipps von Dr. Sabine Eustermann

Von Manfred Köhler (Text und Foto)
Verl (WB). Wenn Böller krachen, Sektkorken knallen, Raketen in den Nachthimmel zischen und die Menschen fröhlich das neue Jahr begrüßen, herrscht bei vielen Haustieren die nackte Panik. Sie verkriechen sich oder stellen auf der Suche nach einem Fluchtweg die Wohnung auf den Kopf, wenn sie ganz alleine zu Hause sind.

»Bitte nicht alleine lassen und die Tür zumachen«, appelliert deshalb Tierärztin Dr. Sabine Eustermann aus Sende an die Tierfreunde. Vor allem Hunde sollten Frauchen oder Herrchen in ihrer Nähe wissen. Für die 37-jährige Tierärztin ist es selbstverständlich: »Ich lasse meinen Hund Silvester nicht allein.« Dabei ist der eineinhalb Jahre alte schwarze Mischling »Boomer« so leicht nicht aus der Ruhe zu bringen. »Aber auch Hunde, die sonst eher unerschütterlich wirken, können bei einem Feuerwerk die Haltung verlieren, wenn sie alleine sind und manchmal sogar, wenn ihre Zweibeiner dabei sind«, sagt Sabine Eustermann und erinnert sich an ein Erlebnis aus ihrer Studienzeit in Berlin: »Meine Freundin hatte einen Golden Retriever, den nichts erschüttern konnte. Während eines Feuerwerks auf einem Gartenfest war er plötzlich verschwunden. Alle haben gesucht und schließlich fanden wir ihn: Er hatte sich unter dem Auto meiner Freundin in Sicherheit gebracht.«
Wie ein Hund auf die Silvesterknallerei reagiert, sei natürlich sehr verschieden. Man solle einfachen mal austesten, wie er sich verhalte, ihn aber grundsätzlich nie zu nahe an die Knallerei heranbringen. »Gerade die Böller sind für Hunde ein extremer Schock, weil sie ganz empfindliche Ohren haben.« Hunde, aber auch Katzen, haben ein 40-mal besseres Gehör als Menschen. Und wer einen Hund mit nach draußen nehme, solle ihn auf jeden Fall anleinen.
Habe man einen sensiblen Hund, dürfe man ihn auf keinen Fall ängstlich abschotten und schon gar nicht beruhigend auf ihn einreden. »Das merkt das Tier und wird sofort nervös. Am besten einfach die Jalousien herunter lassen und Musik auflegen«, empfiehlt Sabine Eustermann. »Manche Tierhalter holen sich auch jedes Jahr eine Beruhigungspille ab«, sagt sie. »Es gibt da ganz milde, ausgleichende Mittel, etwa mit Melisse und Johanniskraut.« Eine gute Hilfe könne auch ein Spray mit einem Duftstoff sein, den Hündinnen während der Säugezeit absonderten. »Was den Welpen das Gefühl der Sicherheit gibt, wirkt auch bei erwachsenen Tieren.« Grundsätzlich aber gelte: Jeder Hund ist anders und man muss einfach herausfinden, was für das eigene Tier gut ist.
Dies gelte aber nicht für Katzen oder andere Kleintiere, wie etwa Hamster, Kaninchen, Meerschweinchen oder Ratten. »Die geraten auf jeden Fall in Angst und sollten bereits am Silvesternachmittag in den Raum gebracht werden, wo sie möglichst wenig mitbekommen«, empfiehlt die Tierärztin.
Die gebürtige Senderin, die nach ihrem Studium in Berlin einige Jahre in Unterfranken praktiziert hat, ist bereits seit ihrer frühen Kindheit eine Tierbegeisterte. Der Berufswunsch aber kam erst, als sie nach dem Abitur eine Ausbildung als Krankenschwester im Bielefelder Krankenhaus an der Rosenhöhe durchlaufen hatte. »Plötzlich wurde mir klar: Ich will Tierärztin werden.« Promoviert hat sie über Rinder und zwar untersuchte sie die Fütterung saurer Salze zur Verhütung von Milchfieber.
Im Januar kehrte sie mit ihrem Mann Jeton aus Unterfranken nach Sende zurück und übernahm die Praxis von Dr. Carola Müller. Seit November hat sie ihr eigenes 140 Quadratmeter großes tierärztliches Domizil in einem neuen Haus auf dem Familienbesitz am Kieselweg.

Artikel vom 31.12.2005