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Alm-Atmosphäre im Werretal

Die Brasstronauten entlocken dem Alphorn außergewöhnliche Klänge

Von Silke Schade (Text und Foto)
Löhne (LZ). Wenn Andreas Vahle und Frank Kröger zu spielen beginnen, wähnt man sich eher auf einem Gipfel der Schweizer Alpen als in den Niederungen des ostwestfälischen Flachlandes. Die beiden Löhner beherrschen nämlich ein Instrument, das sonst nur hoch oben auf der Alm statt tief unten im Werretal zu Hause ist: das Alphorn.

Andreas Vahle (56) und Frank Kröger (39) verstärken die Brasstronauten - eine seit fünf Jahren bestehende Formation, die sich aus durchschnittlich 20 Bläsern zusammensetzt. »Das sind größtenteils Berufsmusiker oder auch solche, die es einmal waren«, erklärt Andreas Vahle. Er selbst unterrichtete 20 Jahre lang als Trompeter an der Musikschule Löhne, ehe er das Ingenieur-Büro seines Vaters in Löhne-Ort übernahm. Frank Kröger aus Obernbeck hingegen lehrt heute noch Kindern und Jugendlichen an der Musikschule Hüllhorst das Trompeten-Spiel.
»Ungefähr zur Hälfte stammen die Mitglieder unserer Gruppe aus dem Kreis Herford, der Rest kommt aus der ganzen Bundesrepublik - von Hamburg bis Nürnberg«, ergänzt Kröger. Kennen gelernt haben sie sich während der gemeinsamen Studienzeit. Vahle: »Wir sind alle ehemalige Schüler von Professor Siegfried Göthel, der in der Musikszene vielen ein Begriff sein dürfte.« Göthel hatte sich als erster Trompeter im Bayreuther Festspiel-Orchester und als Solist im Orchester des Norddeutschen Rundfunks einen Namen gemacht, bevor er im vergangenen Jahr starb.
Von seiner guten Schule profitieren die Brasstronauten noch heute, wenn es darum geht, einem scheinbar einfachen Holzrohr außergewöhnliche Klänge zu entlocken. Das Kürzeste ihrer Instrumente misst knapp drei, das Längste sechs Meter. Kostenpunkt: 2 000 Euro. Jedes Alphorn hat im Gegensatz zu einer Trompete keine Ventile. Der Bläser muss also in der Lage sein, nur über seine Puste und die Lippenspannung unterschiedliche Klanghöhen zu erzeugen. »Die Töne können dabei leicht wegbrechen«, weiß Andreas Vahle aus leidlicher Erfahrung.
Das eigentlich viel größere Problem besteht allerdings darin, genügend geeignetes Liedgut zu finden. Ursprünglich diente das Alphorn Bergbewohnern dazu, Signale von einem Tal zum anderen zu senden. »Entsprechend eintönig sind manchmal die Lieder«, findet Frank Kröger. Die Brasstronauten wissen sich zu helfen, indem sie einige bekannte Stücke überarbeiten. Weitere gelungene Arrangements steuert Christoph Reichelt bei, der durch seinen selbst komponierten Festmarsch zum 50-jährigen Bestehen der Bundeswehr Schlagzeilen gemacht hat.
Beim nächsten Mal lassen die Brasstronauten zum Osterfeuer auf Siekmeier's Hof in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen (zum Vormerken: Ostersonntag ab 19 Uhr) Alm-Atmosphäre aufkommen. Unterstützt werden sie dabei von David Salomon Joaquin, dem 18-jährigen Ausnahme-Trompeter aus Nicaragua, der zurzeit an der Musikhochschule Detmold studiert.
Dass auch dieses Konzert ein besonderer Hörgenuss sein wird, davon ist Frank Kröger überzeugt: »Wir brauchen keine Steckdose, keinen Verstärker. Wir bieten noch ehrliche Musik.«

Artikel vom 31.12.2005