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Mit Feuerwerk ins Neue Jahr

Fest zum Jahreswechsel hat auch für tschetschenische Familie Tradition

Von Stefanie Hennigs
Versmold-Bockhorst (WB). Ein paar Raketen werden Bella Magomadova, ihre Brüder und Eltern am Silvesterabend sicherlich gen Himmel schicken. Silvester zu feiern - das ist für die Familie aus Tschetschenien selbstverständlich. Das Fest zum Jahreswechsel war in Tschetschenien allerdings nicht immer selbstverständlich, weiß Bellas Vater Azamat.

Vor sechs Jahren haben Bella, ihre Brüder Tuchan und Islam, ihre Eltern Aischet und Azamat ihre Heimat verlassen -Êin dem Jahr, in dem der zweite Tschetschenienkrieg ausbrach. »Im Gegensatz zu Weihnachten feiern wir seit einiger Zeit den Jahreswechsel«, erzählt Bella Magomadova - denn die Familie ist wie die Mehrheit im Tschetschenien muslimischen Glaubens.
Alkohol ist zum Anstoßen tabu
Darum ist für Bellas Vater Azamat Alkohol auch tabu, um auf das Neue Jahr anzustoßen: »Wir machen aber auf jeden Fall um Mitternacht ein Feuerwerk, essen gemeinsam und feiern.« Dies hätten sie auch schon in Tschetschenien getan. Weihnachten als christliches Fest feiert die Familie, die im Asylbewerberheim in Bockhorst lebt nicht - trotzdem schmückt ein winziger Weihnachtsbaum das Zimmer. »Den fanden wir einfach hübsch«, erklärt Bella lächelnd.
Das wichtigste Fest, erklärt der Familienvater, ist für sie allerdings die Feier zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan. »In der Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang essen wir während des Ramadan nichts. Das ist vor allem in der Sommerzeit schwieriger, weil die Tage länger sind.« Denn der Zeitpunkt des Ramadan verschiebt sich jedes Jahr zehn Tage weiter nach vorne. »Nach 36 Jahren ist dann der gleiche Zeitpunkt im Jahr wieder erreicht.« Gefeiert wird der Abschluss der einmonatigen Fastenzeit dann in der Moschee oder daheim, mit Besuchen von Familien und Freunden. Alle, die es sich leisten können, ziehen zu diesem festlichen Anlass neue, noch nie getragene Kleidung an. »Gekocht werden dann viele verschiedene Sachen«, erzählt Bella Magomadova - unter anderem natürlich typische, nationale Fleischgerichte und ein Brot aus Maismehl. »Verpflichtung ist es auch«, ergänzt ihr Vater, »Ärmere und Ältere zu unterstützen.« Die Familien, die dafür Geld haben, haben zum Ende des Ramadan auch Geschenke für die Kinder. »Tradition ist es auch, drei Monate nach Ende des Ramadan ein Tier zu schlachten und das Fleisch an Arme und Bedürftige zu geben«, ergänzt der Familienvater. Die Tradition des Festes zum Ende des Ramadan hält die fünfköpfige Familie auch in ihrer neuen Heimat Deutschland aufrecht. »Wir feiern genauso«, erzählt Mutter Aischet Magomadova. »Nur gibt es weniger Besuche, weil wir hier weniger Menschen kennen.« Ebenso traditionell wird die Familie den Silvestertag begehen - mit einem gemeinsamen Essen und natürlich mit einem schönen Silvesterfeuerwerk.

Artikel vom 31.12.2005