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Modellbahnen in den letzten Zügen

Thomas Schoregge schließt sein Fachgeschäft - Restpostenverkauf bis Silvester um 13 Uhr

Halle (HHS). Das Fachgeschäft für Modelleisenbahnen an der Lange Straße liegt in den letzten Zügen. Am Silvestertag schließt Inhaber Thomas Schoregge nach mehr als 20 Jahren für immer seinen Laden.

»Mit Modelleisenbahnen kann ich meinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten«, sagt der 46-jährige Einzelhandelskaufmann. Sein Entschluss kommt nicht von heute auf morgen, ist vielmehr das Ende eines jahrelang schleichenden Prozesses. Und der habe mit der Digitalisierung der Eisenbahnen begonnen: »Damals haben wir die Kinder verloren.« Längst stellen nur noch Väter die Weichen an zum Teil hoch komplizierten Tischen und Schaltpulten.
Doch mittlerweile müssen auch die Erwachsenen erkennen, dass die moderne Technik nicht nur anspruchsvoll, sondern auch teuer ist. »Schon ein Waggon kostet heute an die 40 Euro«, sagt Thomas Schoregge, dem speziell mit der Euro-Einführung eine Explosion der Preise aufgefallen war. »Damals sind die Artikelpreise um 100 Prozent gestiegen.« Darunter litt auch das im Jahr 2000 eingeführte Internetgeschäft. Hatten zunächst etliche Kunden von zu Hause aus in dem Shop eingekauft, wurden nun auch die ertragreichen Klicks immer weniger. Als vergangenen Juli die Firma Roco, neben Märklin Schoregges Hauptlieferant, Insolvenz anmelden musste, waren auch die Tage in Halle gezählt. »Das war ein richtig harter Sommer. Plötzlich fehlten nochmals 40 Prozent der Umsätze, weil Roco nicht mehr lieferte.«
Zusammen mit seinem langjährige Helfer Dirk Hegemann verkauft Thomas Schoregge noch bis einschließlich morgen um 13 Uhr die Restbestände. 30 bis 50 Prozent Nachlass gibt es auf alle Waren. »Vielleicht legt ja der eine oder andere jetzt seine Zurückhaltung ab«, sagt Schoregge. Denn das Interesse der Stammkunden sei immer da gewesen, nur das Geld fehlte eben.
Thomas Schoregge selbst blickt der Zukunft hoffnungsfroh entgegen. Von September an hat er eine feste Anstellung. Der Haus, in dem er zusammen mit seinem Vater 1985 das Geschäft eröffnet hatte, muss aber nicht ganz ohne Eisenbahn auskommen. Die phantastische Anlage von Jürgen Kalwari im Keller bleibt erhalten. Auf mittlerweile 80 Quadratmetern ist Klein-Bielefeld entstanden - samt Bahnhof, Viadukt und vielen anderen Details. Ein Tag der offenen Tür ist für das nächste Jahr wieder geplant.

Artikel vom 30.12.2005