30.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Alter Mammutbaum
soll gefällt werden

Harry Hentschel kann nicht für Unterhaltung sorgen

Von Hans-Heinrich Sellmann
(Text und Fotos)
Halle (WB). Für die einen ist er ein Haller Wahrzeichen, für die anderen ein großes Ärgernis. Fakt ist: Der Jahrhunderte alte Mammutbaum im Garten von Harry Hentschel wird am kommenden Mittwoch gefällt. Der Rentner kann nicht mehr für die Unterhaltung sorgen.

20 Jahre lang hatte der etwa 25 Meter und zwischen 150 und 250 Jahre alte Baum unter dem Naturdenkmalschutz des Kreises gestanden. Mit der Folge, dass die Behörden für den Koloss verantwortlich waren und auch die Verkehrssicherheit gewährleisteten. Der Kreis hatte das so genannte Ausästen und - für Harry Hentschel ganz wichtig - auch die Kosten hierfür übernommen. 2003 hatte die Untere Landschaftsbehörde dann die Naturdenkmäler der Umgebung unter die Lupe genommen und war zu dem Schluss gekommen, dass Hentschels Baum nicht mehr die Schutzgründe »Seltenheit, Eigenart und Schönheit« inklusive diverser konkreter Kriterien erfüllt.
Fortan musste Harry Hentschel auf eigene Rechnung einen Gärtner bestellen. Dem 73-Jährigen selbst ging es in den vergangenen Monaten zudem nicht mehr so leicht wie früher von der Hand, Garten und Haus von den herabgefallenen Nadeln zu säubern. »Wenn es mal zwei Tage gestürmt hatte, musste ich aufs Dach und alle Nadeln entfernen, damit die Regenrinnen nicht verstopfen. Das fällt mir aber immer schwerer«, sagt Hentschel, derweil seine Frau Hildegard ergänzt: »Ich halte immer die Luft an, wenn er da oben ist. So ein riesiger Baum im Garten hört sich immer toll an. Die Probleme aber haben wir.« Sie erinnert an einen herabgestürzten Ast, der sich einen halben Meter in den Boden gebohrt hatte. Ihre Terrasse haben die Hentschels inzwischen mit einer Plane umzäunt, damit sie zumindest dort von den Nadeln verschont bleiben.
Dass die Aktion rechtens ist, bestätigte gestern auf Anfrage der Umweltbeauftragte der Stadt Halle, Stephan Borghoff: »Der Baum ist nicht mehr auf der Naturdenkmalliste, und eine Baumschutzsatzung gibt es nicht.« Für die Lindenstadt sei er imposant, für so ein normales Baugrundstück allerdings gewaltig. Die Stadt hatte den Hentschels angeboten, einmal im Jahr die Nadeln abfahren und den Baum inklusive kleinerer Pflegearbeiten kontrollieren zu lassen. »Das reicht überhaupt nicht. Und zu den Kosten haben sie sich auch nicht geäußert«, sagt Harry Hentschel. Die hat er so oder so: Für die Aktion am nächsten Mittwoch sind etwa 3 000 Euro veranschlagt.

Artikel vom 30.12.2005