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Da, wo die Schneisen lagen

60 Heimatfreunde unternahmen Schnatgang - Symbolischer Charakter

Rheda-Wiedenbrück (de) »Die Stadtgrenze von Rheda zu Herzebrock verläuft entsprechend der Katasterkarten und Urkunden. Alle Grenzsteine und anderen Markierungen wurden unversehrt vorgefunden«.
So mag die Notiz des Stadtschreibers im vergangenen Jahrhundert gelautet haben, nachdem Bürger der Fürstenstadt den Grenzverlauf mit einem Schnatgang persönlich überprüft hatten. Mittwoch war wieder Schnatgang, einberufen vom Heimatverein Rheda. Fast 60 heimatverbundene Männer und Frauen nahmen teil.
Diesmal musste kein Protokoll über den Grenzverlauf verfasst werden, denn dieser Gang hatte symbolischen Charakter. Er sollte dazu dienen, die Heimat an der Grenze zur Nachbargemeinde besser kennenzulernen und den Kontakt untereinander durch ein Gemeinschaftserlebnis an einem schönen Wintertag zu fördern. Heute sind Grenzen zwischen privaten und kommunalen Grundstücken, zwischen Kreisen und Ländern digital erfasst und dadurch für die Eigentümer gesichert. Früher sorgten Grenzsteine und weitere mit den Augen zu sehende Markierungen für die Grenzfestlegung. Markierungen waren neben den Grenzsteinen, auch Schneisen (daher die Bezeichnung Schnat), Erdwälle oder Bäche.
Der Rhedaer Schnatgang 2005 verlief ganz friedlich. Vom Domhof aus fuhr ein Omnibus bis zum Haus Pfeiffer. Dort stiegen die Heimatfreunde aus und gingen in Richtung Westen, geführt von Anton Nordemann, der in Bosfeld geboren wurde und aufwuchs. Darum konnte er viel über den Grenzverlauf berichten. Er führte die Heimatfreunde auch zu dem Wald, in dem der Ruthenbach »entspringt«. Vor Schloss Bosfeld gab Heimatvereinsvorsitzender Jürgen Kindler einen Einblick in die Geschichte des Hauses. 1534 wird Bosfeld erstmalig urkundlich erwähnt. 1543 erwirbt Graf Konrad dieses Vollerbe. 1598 verpfändet Graf Arnold das Gut. Besitzer Hofmeister Milhausen verschenkt Bosfeld 1713 an die gräfliche Familie Bentheim-Tecklenburg zu Rheda. Marie zur Lippe, Witwe des Rhedaer Grafen, läßt 1725/26 das alte Gutshaus abreißen und das jetzige Barockschlößchen errichten. Lange war das Haus an Mitglieder des Adels vermietet. Im »3. Reich« wurde es zum Mütterheim. Von 1945 bis 1986 wohnte die Fürstliche Familie in dem Schloss, jetzt haben private Mieter dort Heim.
Weitere Ziele des Schnatganges waren der Hof Nordemann in Bosfeld und der Hof Witte, das letzte Gehöft, das in diesem Beritt auf Rheda-Wiedenbrücker Territorium liegt. Mit dem Omnibus ging es zurück nach Rheda, wo im Sportheim eine reich gedeckte Kaffeetafel wartete.

Artikel vom 30.12.2005