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Eine ganze
Region atmet auf

Büren bleibt Krankenhaus-Standort


»Das Bürener Krankenhaus ist gerettet. Am 1. Januar 2006 übernimmt die Marseille-Kliniken AG Immobilie und Leitung des Hauses. Die 75 Mitarbeiter werden zu den bisherigen vertraglich vereinbarten Bedingungen übernommen.« Das ist der Kern der Nachricht, die am 23. Dezember Kirchenvorstand Reinold Stücke verkündete. Doch bis Mitarbeiter und die Menschen der Region aufatmen konnten, durchlebte das Haus im abgelaufenen Jahr eine wahre Achterbahn.
Nach der Halbierung des St. Nikolaus-Hospitals zum Jahresende 2004 mit Aufgabe der Chirurgie verkündete die Betreibergesellschaft, bestehend aus dem evangelischen Krankenhaus Lippstadt und dem Paderborner St. Johannisstift Mitte Januar, die neue Struktur werde gut angenommen. Doch schon im März klagte die Manager Jochen Brink und Sven Freytag über Patientenschwund und kündigten an, unter diesen Bedingungen die zur Jahresmitte vereinbarte Übernahme nicht realisieren zu wollen. Wenig später traten sie klammheimlich den Rückzug an. Nicht nur in der Bevölkerung wurde vermutet, es habe sich hier um ein abgekartetes Spiel gehandelt, die Schließung sei längst geplant gewesen.
Der Kirchenvorstand musste einen neuen Partner suchen und verhandelte bereits im Juni auch mit Marseille - ohne Ergebnis. Ende Juni hieß es noch, es gebe weitere Interessenten.
Dramatisch wurde die Lage dann im letzten Quartal. Nachdem ein unabhängiger Unternehmensberater die Übernahme durch die Marseille-Gruppe favorisiert hatte, stimmte der Rat dafür, die Zinsen für die aufgelaufenen Schulden des Hauses für fünf Jahre zu übernehmen. Damit schien ein wesentliches Hindernis beseitigt.
Kurz darauf unterbreitete das Unternehmen dem Krankenhausträger auch ein neues Angebot, das der allerdings als »absolut enttäuschend« zurückwies. Erneut schaltete sich Bürgermeister Wolfgang Runge ein und rief die Partner zu direkten Verhandlungen auf.
Ende November warf ein Sprecher der Marseille-Gruppe der Kirche vor, wichtige Zahlen zurück zu halten. Die Verhaamdlungen wurden intensiviert, und Anfang Dezember war von »grundsätzlicher Einigung« die Rede. Im Stadtrat fand in der Haushaltsberatung vor allem Marco Sudbrak markige Worte. Man habe die Stadt mit der Schließungs-Drohung unter Druck gesetzt.
Das machte die Marseille-Gruppe wenig später selbst: Die Rede war von einem »katastrophalen wirtschaftlichen Zustand« des Hauses. Ohne weiteres Entgegenkommen könne das Unternehmen die Aufgabe »St. Nikolaus« nicht schultern. Doch ließen sich die Mitarbeiter den schwarzen Peter nicht zuschieben und verweigerten dem verlangten Gehaltsverzicht (20 Prozent über drei Jahre) die Zustimmung. Damit schien das Haus verloren.
Doch in allerletzter Sekunde gelang dann doch die Rettung. Nun hoffen alle Beteiligten, dass das Vertrauen der Patienten - zuletzt war nur etwa ein Viertel der Betten belegt - zurück kehrt und das Haus, auch mit der Übernahme weiterer Aufgaben, in ruhiges Fahrwasser zurück findet.

Artikel vom 31.12.2005