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Mauschelei
bringt Kollas
1948 zu Fall

»Silvesterknaller« vor 60 Jahren

Von Eckhard Möller
Harsewinkel (WB). Kurz vor Silvester blickt Stadtarchivar Eckhard Möller zurück zum 31. Dezember 1945 - ein echter »Silvesterknaller«.

31. Dezember 1945 - der Zweite Weltkrieg war acht Monate zu Ende, viele Harsewinkeler bedrängte die Sorge um Angehörige, die als vermisst galten oder noch in Kriegsgefangenschaft waren. Überhaupt herrschte große Unsicherheit, was die nächsten Jahre an Neuem bringen würden. Ob daher ein Einschnitt in der örtlichen Verwaltungsgeschichte, die fast 55 Jahre die Struktur der kommunalen Verwaltung prägen sollte, tatsächlich auf eine breite Beachtung gestoßen ist, mag bezweifelt werden.
Und dennoch: Mit dem Silvestertag 1945 beendete die Britische Militärregierung das traditionelle System an der Spitze der Amtsverwaltung, in dem der von der Amtsvertretung gewählte Amtmann an der Spitze des gewählten Vertretungsorgans der Bürger stand und zugleich Leiter der Verwaltung war.
Vom 1. Januar 1946 an sollte das britische Modell der Doppelspitze in den Kommunen der britischen Besatzungszone verwirklicht werden: Den gewählten Vertretungen in den Kommunen sollten ehrenamtliche Bürgermeister vorstehen, die zugleich auch die repräsentativen Aufgaben wahrnehmen sollten. Die Leitung der Verwaltungen sollte dagegen hauptamtlich beschäftigten Beamten obliegen, die für zwölf Jahre von den Räten gewählt wurden. Auf diese Weise hoffte die Militärregierung, eine zu große Machtanhäufung an der Spitze der kommunalen Verwaltungen zu vermeiden.
Für das Amt Harsewinkel bedeutete die neue Regelung, dass ein Amtsdirektor zu wählen war, der zugleich auch Gemeindedirektor der drei Gemeinden Harsewinkel, Marienfeld und Greffen wurde. Außerdem waren der ehrenamtliche Amtsbürgermeister sowie die drei ehrenamtlichen Gemeindebürgermeister zu wählen. Erster Amtsbürgermeister wurde Bernhard Overesch, das Amt des Bürgermeisters von Harsewinkel übernahm Heinrich Brockmann-Bockemöller, während in Marienfeld und Greffen die bereits vor 1945 amtierenden Bürgermeister, Heinrich Feldhaus und Clemens Pomberg, im Amt blieben.
Zum ersten Amtsdirektor wurde am 10. Januar 1946 der aus Münster stammende Jurist Heinz Kollas gewählt, den die britische Militärregierung im September 1945 als Amtsbürgermeister in Harsewinkel eingesetzt hatte. Schon bald nach der Wahl von Kollas kam es jedoch zu Spannungen zwischen dem Verwaltungschef und den Kommunalpolitikern. Auch politische Reibereien zwischen der CDU und der SPD und dem Zentrum spielten offensichtlich eine Rolle.
Veränderte Mehrheitsverhältnisse in der 1948 neu gewählten Amtsvertretung gaben dann den Ausschlag dafür, den ersten Amtsdirektor abzuwählen. Äußerer Anlass für diese juristisch keineswegs unumstrittene Maßnahme war die Beteiligung Heinz Kollas' an einem für die Nachkriegszeit typischen Dreiecksgeschäft, bei dem trotz seines privaten Charakters amtliche Stempel benutzt worden waren. Ende November 1948 wurde er, obschon für zwölf Jahre gewählt, von der Amtsvertretung abgesetzt. Die Neuwahl eines Amtsdirektors wurde mit einer so kurzen Einladungsfrist für den 31. Dezember 1948 angesetzt, dass kein Vertreter der Militärregierung zu der Sitzung der Amtsvertretung anreisen konnte. Neuer Amtsdirektor wurde August Haverkamp, der dieses Amt für 21 Jahre bis 1971 wahrnahm.
Heinz Kollas hat seine Abberufung vom Amt des Harsewinkeler Amtsdirektors nur um wenige Jahre überlebt: Er starb 1954 in Hamm.

Artikel vom 30.12.2005