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Zu viel Bürokratie durch Reformen in der Landwirtschaftspolitik kritisiert Wilhelm Brüggemeier.

»Brauchen 1:1-Umsetzung von Richtlinien der EU«

Kreisverbandsvorsitzender Brüggemeier zieht Resümee

Herford (HK). Das Jahr geht zu Ende. Anlass für den Landwirtschaftlichen Kreisverband Herford, Bilanz zu ziehen. »2005 war für uns sehr ereignisreich«, erklärt der Vorsitzende Wilhelm Brüggemeier. »Der Regierungswechsel in Düsseldorf und Berlin, die Umsetzung der EU-Agrarreform, die Beschlüsse zur Zuckermarktordnung, der internationale Wettbewerb sowie die unbefriedigenden Erzeugerpreise bei steigenden Energie- und Produktionsmittelkosten prägten das Jahr.«
»Das Wetter stellte uns auf eine harte Geduldsprobe«, resümiert Brüggemeier. »Unter dem Strich konnten wir jedoch eine durchschnittliche Ernte einfahren.«
Agrarpolitisch von existentieller Bedeutung sei, so Brüggemeier, die nationale Umsetzung der EU-Agrarreform gewesen. Seit Jahresbeginn 2005 wirtschaften die Bauern nach den neuen Regeln. »Diese dritte Reform der Landwirtschaftspolitik innerhalb von zwölf Jahren brachte uns einen grundlegenden Systemwechsel; sie ist hochkompliziert und bürokratisch. Und nun droht den deutschen Landwirten eine neue Welle von Bürokratie«, erklärt Brüggemeier. Geplant sei die Kopplung zahlreicher Hygienevorschriften an die neuen EU-Ausgleichszahlungen. Diese sollten aber, im Gegensatz zu den anderen EU-Ländern, in Deutschland auf eine Vielzahl weiterer Bestimmungen ausgedehnt werden. Brüggemeier: »Die Folge wäre ein massiv aufgeblähtes Kontroll- und Verwaltungssystem, ohne dass ein höherer Verbrauchernutzen erkennbar ist.«
Große Sorgen bereiten den Landwirten weiter die im November beschlossene EU-Zuckermarktreform. Die Beschlüsse bedeuteten ein großes Opfer für die ostwestfälischen Rübenerzeuger, Zuckerfabriken und Arbeitnehmer. Die WTO-Verhandlungen Mitte Dezember in Hongkong bewertet Brüggemeier weder als Erfolg noch als Misserfolg. Die Einigung der WTO-Ministerkonferenz sieht vor, die Exporterstattungen bis 2013 abzuschaffen. »Auch wenn es beim Marktzugang noch keine Entscheidung gibt, so ist das Enddatum 2013 für Europa eine große Herausforderung«, meint Brüggemeier. Aus Sicht der europäischen Bauern komme es nun darauf an, die Exportförderung aller anderen wichtigen Akteure auf dem Weltmarkt (USA, Australien, Kanada) einzustellen. Zu den Ereignissen 2005 gehörten die neuen Weichenstellungen in Düsseldorf und Berlin. Von den Regierungen erwartet der Vorsitzende: Investitions- und Innovationsförderung zur Konjunkturbelebung sowie Abbau von Wettbewerbsverzerrungen und Bürokratie. Wettbewerbsverzerrend sei zum Beispiel die Besteuerung beim Agrardiesel. Ein deutscher Landwirt bezahle rund 40 Cent Steuern je Liter Agrardiesel, der französische Kollege nur 0,7 Cent. »Um mit unseren europäischen Kollegen konkurrieren zu können, brauchen wir die 1:1-Umsetzung von EU-Richtlinien«, unterstreicht Brüggemeier. So fordert der Berufsstand die Verabschiedung der Nutztierhaltungs-Verordnung 1:1 nach EU-Vorgaben. »Die Belastungen unserer Höfe sind auf ein unerträgliches Ausmaß gewachsen«, argumentiert Brüggemeier.
Aufs Schärfste verurteilt Brüggemeier die Fälle des Fleischmissbrauches. »Es ist ein Skandal, dass die hohe Qualität unserer Produkte durch kriminelle Machenschaften in Verruf gebracht wird.«
Abschließend ermuntert der Vorsitzende die Bauern im Kreis, mit Zuversicht in das Jahr 2006 zu blicken. »Aufgrund unserer fachlichen sowie unternehmerischen Fähigkeiten können wir mit Selbstvertrauen nach vorne schauen.«

Artikel vom 24.12.2005