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Kamel und Storch am Stall

Ein sizilianisches Bethlehem mit Brunnen, Mühle und Feuerstelle

Von Ruth Matthes (Text)
und Jörn Hannemann (Foto)
Herford (HK). Seit 13 Jahren hat Rosa Colombo ihre Weihnachtskrippe immer mehr vervollständigt. Der Tradition ihrer Heimat Sizilien entsprechend, zieren inzwischen nicht mehr nur Maria, Josef, Christkind, Hirten und Könige, sondern insgesamt fast 50 farbenprächtige Figuren die Szenerie.

»In Süditalien besteht eine Krippe nicht nur aus einem Stall, sondern sie stellt das ganze Dorf Bethlehem dar, dessen Bewohner sich über die Geburt Jesu freuen«, erzählt die Mutter zweier Töchter und eines Pflegesohnes. Natürlich sind auch die Kinder ganz fasziniert von dem bunten Treiben. Da gibt es Häuser, Ställe, ein Mühlrad, das Musik machen kann, einen Brunnen, aus dem Wasser läuft, und vor allem Tiere aller Art: von Schaf, Ochs und Esel bis zu Schwein, Storch, Huhn, Hund und Kamel. Dazwischen tummeln sich viele Menschen, die auf die Geburt des Kindes anstoßen und kräftig feiern. Unter ihnen ist auch der Dudelsackpfeifer, der nach altem sizilianischem Brauch am Anfang des Advents von Haus zu Haus geht und für sein Spiel eine Spende erhält. Rund um die Krippe hat die 45-Jährige, die vor 33 Jahren nach Herford kam, 24 Teelichter aufgereiht. Jeden Tag wird eines entzündet, bis Weihnachten ist. Die Krippe wird schon am 5. Dezember aufgebaut. Das Christuskind versteckt Rosa Colombo allerdings bis zu seiner Geburt am Heiligen Abend.
Ihr Freund Claudio Cuccu erinnert sich, dass in seiner Heimat Sardinien Männer und Frauen den 24. Dezember früher getrennt verbrachten, sich dann zur Christmette trafen und im Anschluss gemeinsam nach Hause gingen, um die Geschenke auszupacken und zu feiern.
Ganz so rigoros ging es in Rosa Colombos Heimat nicht zu, doch auch hier gab es die Geschenke erst nach der Messe. Eine Besonderheit in den Kirchen waren die »lebendigen Krippen«, die vier Wochen lang an jedem Sonntag von Menschen dargestellt wurden.
Abgebaut werden die Wohnzimmer-Krippe und der Baum am 6. Januar, dem Tag, an dem die Kinder noch einmal kleine Geschenke bekommen. Statt des Nikolaus besucht die Sizilianer nämlich die liebe Hexe Befana. Der Legende nach wollten die Heiligen Drei Könige sie mit auf ihre Suche nach Jesus nehmen, aber sie sträubte sich. Doch dann bereute sie ihre Entscheidung. Bis heute sucht sie überall nach dem Jesuskind. Alle Kinder, die sie auf ihrer Reise findet, beschenkt sie.

Artikel vom 24.12.2005