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Lenkte schwungvoll und umsichtig: Dirigent Michael Preiser.

Jauchzet, auf preiset à la Preiser

Universitätschor Bielefeld brillierte mit Bachs Weihnachtsoratorium

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Für Johann Sebastian Bach war es eine Komposition unter vielen. Für die Nachwelt hingegen wurde das Weihnachtsoratorium zu einem der zentralen Werke überhaupt. Denn der barocke Meister hatte es verstanden, die Kraft der kirchlichen Botschaft in eine unmittelbare und verständliche Form zu gießen, die den Menschen bis heute Hoffnung spendet und Größe präsentiert.

Turnusgemäß oblag es in diesem Jahr dem Universitätschor, das Werk aufzuführen und das geneigte Publikum in der dann stets ausverkauften Oetkerhalle in Weihnachtsstimmung zu bringen. Unter Mitwirkung des Oratorienchors Münster und des Kourion-Orchesters Münster gelang unter der Leitung von Michael Preiser eine bis in feine Details ausgehorchte, vitalisierend frische Umsetzung der ersten drei Kantaten.
Dass die Chemie zwischen den Chormitgliedern und ihrem Interimsleiter stimmt, ist hinlänglich bekannt. Nun trägt die einjährige Zusammenarbeit offenbar auch auf künstlerisch-musikalischer Ebene erlesene Früchte. Mit ambitioniert-engagiertem Zugriff gelang es Preiser, den mächtigen Klangkörper nuanciert und präzise zu lenken, dynamisch die einzelnen Komponenten mal kontrastvoll (in den Jubelchören), mal dezent (in den Chorälen) zu gewichten und in den vertrackt kontrapunktischen Chorpassagen die Spannung zu halten. Und der in Klangfülle und -frische bestens aufgestellte Chor ließ keinerlei Schwächen aufkommen, setzte vielmehr flexibel, reaktionsschnell und mit Artikulationsschliff sämtliche Anweisungen in einnehmende Klangrede -Êvom kraftvollen »Jauchzet, frohlocket«-Jubelchor über stimmungsvolle Choräle bis hin zum schwungvollen »Herrscher des Himmels«-Abschluss.
Einnehmend Schmeichelndes auch auf der Seite des Orchesters. Da gesellten sich geschmeidig-sauber intonierende Trompeten zu galant umspielenden Holzbläsern, eine pointiert aufspielende Continuo-Gruppe zu präzisionsgeschliffenen Streichern.
Beseelt vom Zusammenwirkung von Text und Musik fügte sich auch das Solistenquartett harmonisch ins fein geschnitzte Krippenbild ein: Markus Brutscher verlieh in ausdrucksvoller, hell-tenoraler Deutung dem Evangelistenpart Gewicht. Klaus Mertens zeigte Größe und Stärke in der Ausdeutung wie auch stimmlich in der Bass-Arie »Großer Herr und starker König«. Claudia Darius brachte mit warmem Timbre ungetrübten Hörgenuss in ihren Alt-Arien ein: mal tänzelnd flott in »Bereite dich, Zion«, mal ruhevoll-sanft im Schlafe-Lied. Und Ingrid Schmithüsen (Sopran) modulierte ihren Part stimmlich wie mimisch ausdrucksvoll in kongenialer Deutung des Textes.
Solchermaßen einnehmend eingestimmt, kann Weihnachten kommen. - Das Publikum dankte mit stürmischen, lang anhaltenden Beifallsbekundungen.

Artikel vom 24.12.2005