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Pfarrer Klaus Fussy wehrt Glückwünsche bescheiden ab. Mit der Wahl zum Dechant des Dekanats Bielefeld hat er Anfang des Monats das dritte verantwortungsvolle Amt übernommen. Und das in einer Zeit, in der das Erzbistum Paderborn organisatorisch im Umbruch ist. Finanzielle Gesichtspunkte haben nach den Worten des Pfarrers eine entscheidende Rolle bei der Verschlankung der Organisationsstruktur des Erzbistums gespielt. Zurückgehende Priesterzahlen kommen hinzu. Dennoch ist Fussy zuversichtlich, dass sich die neuen Strukturen (die Dekanate Bielefeld und Lippe werden zusammengelegt) bewähren werden.
Es sei verständlich, dass die Menschen Veränderungen zunächst skeptisch gegenüberstünden, sagt Fussy. So sei das schon gewesen, als sich Kirchengemeinden zu Pfarrverbünden zusammengeschlossen hätten. »Wir verlieren etwas«, hätten etliche Gemeindemitglieder gemeint. Die Praxis habe aber gezeigt, dass die gemeinsame Arbeit durchaus befruchtend sein könne.
Die Last der drei Ämter - Pfarrer in der Gemeinde, als Regionaldekan zuständig für Beratung und Seelsorge der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kirche, und als Dechant oberster Repräsentant der katholischen Kirche in Bielefeld - trägt Klaus Fussy mit Gelassenheit. Dass seine Priesterkollegen, die kirchlichen Mitarbeiter und die Laienräte ihm das Vertrauen ausgesprochen haben, wertet er als Ansporn zu verantwortungsvoller Arbeit. Wichtig ist ihm in allen Funktionen die Ökumene. Es freut ihn, dass gerade in Bielefeld die Kontakte zu der evangelischen Kirche »sehr gut« seien.
Fussy weiß, dass es die Kirche in der säkularisierten Welt nicht einfach hat. Glaube, sagt er, werde nicht mehr mit der gleichen Selbstverständlichkeit weitergetragen wie in früheren Zeiten - auch ein Grund dafür, dass immer weniger junge Männer den Beruf des Priester ergreifen wollten. Gleichwohl spürt er eine »neue Suche nach Spiritualität», insbesondere bei jungen Leuten.
Die Wahl von Kardinal Josef Ratzinger zum Papst und der Weltjugendtag in Köln hätten gewiss einen Anteil daran, dass sich wieder mehr Menschen der Kirche zuwendeten: »Bei aller Freude darüber wäre es aber falsch, schon von einer Trendwende zu sprechen.« Die katholische Kirche sei aufgerufen, neue Wege zu gehen, sich der gesellschaftlichen Realitäten verstärkt zu stellen: »Die Armut in unserem Land wächst, es stehen mehr Obdachlose vor den Türen der Pfarrhäuser, wir stellen eine zunehmende Vereinsamung der Älteren fest. »Für diese Menschen muss die Kirche eintreten. Jesus hat sich schließlich auch zum Sprecher der Randgruppen gemacht.«
In einer »offenen Kirche« sieht der Pfarrer einen Ansatzpunkt. Ein entsprechendes Angebot von St. Johannes Baptist werde gut angenommen. »Die Menschen kommen zum stillen Gebet, manche wollen einfach Ruhe finden, andere suchen das Gespräch mit dem Priester.« In diese Richtung ziele auch das Projekt »City-Kloster«, das von der Innenstadtgemeinde St. Jodokus entwickelt werde.
Der Glaube müsse ein menschliches Gesicht haben, sagt Pfarrer Fussy. Das sei auch die Weihnachtsbotschaft. Und zum Fest des Friedens zitiert er das Wort eines russischen Mönches: »Erringe den inneren Frieden, und tausende um Dich werden das Heil finden.«

Artikel vom 24.12.2005