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Hildegard Grau feiert am zweiten Weihnachtstag ihren 95. Geburtstag. Die Espelkamperin lebt heute im Betreuten Wohnen im Schloss Rahden. Foto: Weege

Bis ins hohe Alter noch geradelt

Älteste lebende Kolonistin: Hildegard Grau feiert ihren 95. Geburtstag


Espelkamp/Rahden (KaWe). Ihren 95. Geburtstag feiert am zweiten Weihnachtstag Hildegard Grau, geborene Sczech. Bis zu ihrer Unterbringung im Betreuten Wohnen Schloss Rahden im Oktober dieses Jahres, ist die Espelkamperin Hildegard Grau immer noch täglich mit dem Fahrrad durch die Stadt gefahren.
Auch bis ins hohe Alter hat die Espelkamperin in ihren eigenen vier Wänden gewohnt - bei ihrem Sohn Hans Peter - sich selber versorgt und hielt auch einen großen Garten in Schuss. »In den vergangenen Monaten ist aber das Kurzzeitgedächtnis meiner Mutter schlechter geworden. Im Schloss Rahden erhält sie nun die Pflege und Betreuung, die sie braucht. Kein leichter Schritt für eine Frau, die lange selbstständig gelebt hat«, erzählt ihr Sohn Hans Peter Grau. In Rahden nimmt sie regelmäßig an den Angeboten des Hauses teil.
Die Fürsorge der alten Dame galt und gilt stets ihrer Familie. Heute kann sich Hildegard Grau über fünf Enkel und fünf Urenkel erfreuen.
Die älteste noch lebende Kolonistin erblickte 1910 als zehntes Kind einer Großfamilie im Saleschen Kreis Neidenburg das Licht der Welt. Nach der üblichen Töchterausbildung half sie in den Geschäften ihrer älteren Geschwister aus. Im Mai 1938 heiratete sie den Berufssoldaten Ferdinand Grau, mit dem sie zwei Söhne und eine Tochter bekam. Im Januar 1945 erhielt sie die traurige Nachricht, dass ihr Mann im Krieg gefallen war.
Nach mehreren Umzügen, musste Hildegard Grau flüchten und kam am 12. September bei einem Bruder in Hamburg-Sternschanze an. Im Juli 1944 besuchte sie Verwandte, die bereits in Espelkamp im Barackenlager untergekommen waren. Durch einen glücklichen Umstand wurden im Januar 1947 zwei Zimmer im Barackenlager frei, so dass die Familie übersiedeln konnte.
Nach vier Jahren in Baracke 17 in der Kolonie konnte die Mutter dreier Kinder Anfang 1952 in das neugebaute, eigene Kleinsiedlungshaus in der Heinrich-Drake-Siedlung einziehen. »Ohne die tatkräftige Hilfe des Schwagers meiner Mutter und gleichzeitigem Bau-Organisator, August Jedamski, sowie des Zimmermanns Gustav Galla, wäre der Eigenanteil zum Hausbau gar nicht möglich gewesen«, so Hans Peter Grau.
In den 50er und 60er Jahren schaffte es die Mutter, ihren Kindern die bestmögliche Schul- und Berufsausbildung zu ermöglichen; und das unter den schwierigen Bedingungen mit Schulgeld, Lernmittel- und Fahrtkosten.
Von den neun Geschwistern von Hildegard Grau haben fünf mit ihrer Familie ebenfalls eine Heimat in Espelkamp gefunden.
»Ich habe mich vielfach umgesehen, um für meine Mutter eine passende Unterkunft zu finden. Das Schloss Rahden gefiel mir am besten. Dort besuchen wir sie alle regelmäßig - fast jeden Tag ist einer bei ihr«, sagt Hans Peter Grau.

Artikel vom 24.12.2005