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»Don Camillo« feiert
im Urlaubs-Paradies

Wilfried Heitland arbeitet seit 2004 auf Teneriffa

Von Michael Delker
Gütersloh/Teneriffa (WB). 23 Grad, leichte Bewölkung: Unter diesen Bedingungen lässt sich Weihnachten gut feiern. Für Pfarrer Wilfried Heitland ist es das zweite Fest, das er mit seiner Frau Annette unter Palmen verbringen wird. Seit seinem Abschied aus Gütersloh im Frühjahr 2004 ist der 52-Jährige als »Tourismus-Pfarrer« auf der Kanaren-Insel Teneriffa tätig.

Andere Kulturen pflegen andere Bräuche. Diese Erfahrung hat auch Pfarrer Wilfried Heitland gemacht. »Die Adventszeit«, berichtet der ehemalige Vorsitzende des Presbyteriums der evangelischen Kirche in Gütersloh, »spielt hier nicht so die große Rolle. Das Fest schlechthin sind die Heiligen drei Könige.« Sorgen um leere Bänke in der Kirche muss sich der Geistliche am heutigen Heiligen Abend allerdings nicht machen. Im Winter ist das Urlaubs-Paradies ein beliebtes Ziel der Deutschen. 600 bis 700 Gläubige erwartet Heitland zum Gottesdienst in einer Kirche, die nicht nur von evangelischen Christen genutzt wird. Das Haus in Playa de las Americas im Süden von Teneriffa steht der Ökumene offen. »Sonntagmorgens feiern die Spanier einen katholischen Gottesdienst, dann kommen die Anglikaner und mittags sind wir dann dran«, erzählt Heitland.
Der Pfarrer leistet auf der Ferieninsel Aufbauarbeit. Zwar ist die Evangelische Kirche im Norden von Teneriffa bereits seit 25 Jahren aktiv, doch steckt die Gemeinde im Süden noch in den Kinderschuhen. »Weil es weniger regnet, hat sich der Tourismus hierhin verlagert«, erklärt der frühere Pfarrer der Erlöser-Gemeinde in Gütersloh, warum sich die Kirche nun auch verstärkt um diesen Landesteil kümmert. Heitland ist das »Mädchen« für alles: Er arbeitet im pastoralen Dienst, ist seine eigene Verwaltung und eigene Sekretärin. Hilfreich zur Seite steht ihm seine Frau Annette. Sie übernimmt den Küsterdienst, organisiert Tanzveranstaltungen und macht einen Großteil des Jahres zusammen mit ihrem Mann auch die Kirchenmusik selber. »Im Prinzip haben wir hier zwei Pfarrstellen, die mit einem Gehalt finanziert werden«, schmunzelt der 52-Jährige.
Das Geld ist ein besonderes Thema. Die Gemeinde muss sich selbst finanzieren, aus Deutschland bekommt sie - bis auf das Gehalt des Pfarrers -Êkeine Unterstützung. Hierfür sorgen Mitgliedsbeiträge (die 220 Mitglieder starke Gemeinde ist nach spanischem Recht als Verein organisiert), Kollekten und Erträge aus Veranstaltungen. Bis zum Jahr 2009 wird die Gemeinde auch das Pfarrgehalt aufbringen müssen.
Die Touristen-Metropolen Playa de las Americas und Los Christianos sind nicht die einzigen Orte, in denen sich Pfarrer Wilfried Heitland um die Seelsorge kümmert. Im Norden übernimmt er Vertretungen, einmal im Monat ist er auf Gomera und nach Anforderung auch auf der Insel Hierro unterwegs. Als »Pfarrer unter Palmen« musste sich Heitland nach seinem Abschied auf Gütersloh auf ganz neue Dinge einstellen. »Was ich zum Beispiel gar nicht kannte, sind Seebestattungen«, berichtet der 52-Jährige. Besonders interessant ist für ihn, dass er - bedingt durch den Tourismus -Êmit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt kommt. Bayern besuchen die Gottesdienste genauso wie Sachsen, Hamburger oder Menschen aus Nordrhein-Westfalen. Oft steht er dann vor der Kirche und hält noch ein Pläuschchen. »Dann komme ich mir manchmal vor wie Don Camillo«, lacht der Pfarrer.
In der Hochsaison im Winter bleibt für ihn kaum Freizeit. Die Annehmlichkeiten der Sonneninsel genießt Heitland meistens im Sommer. »Dann versuchen wir schon, nach dem Frühstück auf der Terrasse an den Strand herunter zu fahren«, sagt der Geistliche. Dann stehen auch die Heimatbesuche auf dem Programm. Im Mai und September besuchen Annette und Wilfried Heitland ihren Sohn in Isselhorst. Regelmäßigen Kontakt halten sie mit ihren Kindern über E-Mails. Die neue Technik sorgt auch am Heiligen Abend dafür, dass Weihnachten für die Heitlands zu einem Familienfest wird. »Die Kinder treffen sich bei unserer Tochter in Bielefeld«, berichtet Pfarrer Wilfried Heitland, »via Video-Konferenz feiern wir dann gemeinsam.«

Artikel vom 24.12.2005