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Herzliche Freundschaft in der Karibik

Familie Pohlmann aus Oetinghausen hilft auf eigene Faust bedürftigen Kubanern

Hiddenhausen-Oetinghausen (gb). Sonne, türkisblaues Meer, weißsandiger Strand, sanft wiegen sich die Palmen im Wind - die tropischen Gefilde wecken in jedem Europäer die Reiselust. Doch all die Schönheit hat auch ihre Schattenseite - manchmal tritt sie offen zutage, sehr oft wird sie vor Touristen versteckt. Wie nah Schönheit und Elend beieinander liegen, haben Silvia und Volker Pohlmann entdeckt. Das Ehepaar aus Oetinghausen reiste 2003 erstmalig in die Karibik und entdeckte Kuba für sich. Es zeigte sich alsbald, dass Fidel Castros Inselreich mehr ist als nur Sonne, Strand und Meer.

»Die Hotels bieten allen erdenklichen Luxus, während die Landbevölkerung darbt«, sagt Silvia Pohlmann (44). Ein befreundetes Ehepaar stellte den ersten Kontakt zu Einheimischen in Nachbarschaft der Hotelanlage her. Die liegt in der Nähe von Holguin, 650 Kilometer nordöstlich von Havanna. Dort werden die Touristen nicht streng von den Inselbewohnern abgeschottet.
Den Pohlmanns wurde schnell klar, unter welch erbärmlichen Verhältnissen ein Großteil der Bevölkerung leben muss. Das Paar entschloss sich, zu helfen. Die Menschen wohnen zum Teil in Baracken, sie besitzen nur das Notdürftigste an Kleidung, Milch wird nur an Babys und Senioren verteilt. »Es wird alles für die Touristen getan, aber auf dem Land gibt es viele Missstände«, sagt Volker Pohlmann (43).
Wer sich etwas leisten will, kann wie einst in der DDR in Devisenläden kaufen, doch wer besitzt schon Dollar oder Euro? Das Leben im Sozialismus des einstigen Revolutionsführers Fidel Castro ist mehr als beschwerlich.
Umso beeindruckter sind die Reisenden von der Lebensfreude der Kubaner. »Die strahlen bei aller Schwierigkeit soviel Optimismus aus, das gibt es bei uns nicht mehr.«
Trotz der gewaltigen Distanz über den Atlantik hinweg ist ein wenig Hilfe möglich. Kleidung, besonders für Babys, Medikamente, Spielsachen, Schuhe und Schulartikel passen in jeden Koffer. »Jeder Tourist darf zwei Koffer mit zusammen 52 Kilo Gepäck mitbringen«, sagt Silvia Pohlmann. Inzwischen nimmt das Paar für sich nur so wenig Kleidung wie nötig mit, stattdessen hält man möglichst viel Platz für Mitbringsel frei.
Vier Familien und die Schüler einer Grundschulen werden versorgt. Inzwischen hat sich ein Kreis von 20 Personen aus Deutschland gefunden, die als Kuba-Fans in den schönsten Wochen des Jahres nicht allein am Strand liegen, sondern auch persönlich helfen wollen. Auf die Unterstützung einer großen Hilfsorganisation verzichten sie.
Zwei bis drei Wochen fliegen die Pohlmanns im November/Dezember, nach der Hurrikan-Zeit, rüber. »Ausflüge sind kaum mehr drin, wir werden fast jeden Tag eingeladen und müssen Einladungen angelegentlich schon verschieben, wenn wir noch ein wenig Ferienzeit für uns haben wollen«, sagt Volker Pohlmann.
Doch das macht ihnen nichts aus. Denn die von großer Herzlichkeit geprägten Treffen dienen der Erholung genauso wie ein Tag am Strand.
Silvia Pohlmann lernt inzwischen Spanisch, um die persönliche Verständigung zu verbessern. Denn man hält über den Aufenthalt hinaus Kontakt - brieflich oder per e-mail.
Inzwischen ist auch die Sparkassse auf das hilfsbereite Paar aufmerksam geworden und gab ihm bei der Reise in diesem Jahr eine Tüte mit Stofftieren, Radiergummis und Blinkis auf den Weg. »Das Leuchten in der Augen der Kinder war überwältigend«, sagt Silvia Pohlmann und gibt zu bedenken, dass jedem Grundschüler ein Bleistift in zwei Monaten zusteht.
Es wäre ja auch möglich, Pakete per Luftfracht nach Kuba zu schicken, aber dann müssen die Empfänger hohen Zoll bezahlen. Das Hotelpersonal verdient im Monat etwa zwölf Euro - das ist für kubanische Verhältnisse schon viel.
Anders verhält es sich mit Geschenken: Kubareisende dürfen Sachen im Wert von 200 Euro zollfrei einführen; was die Wertgrenze überschreitet, ist gebührenpflichtig. Erfreulicherweise sind die Zöllner am Flughafen durchaus großzügig.
So nutzen die Pohlmanns jeden Kuba-Flug intensiv aus. Dabei treten sie erheblich in Vorleistung: Hin- und Rückflug plus Hotelaufenthalt kosten für zwei Personen 2800 Euro.
Aber das ist vergessen, wenn das Paar im Hotel wie gute Freunde begrüßt wird. »Unsere Bekannten und wir sind inzwischen wie eine große Familie. Die Aufenthalte geben uns etwas für das Herz. Davon zehren wir das ganze Jahr.«

Artikel vom 24.12.2005