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Der Handball-Gott ist kein Mindener

Unglückliche 29:30-Niederlage gegen Hamburg - Vukas scheitert in der Schlusssekunde freistehend

Von Volker Krusche

Minden (WB). Duplizität der Ereignisse: die letzten Sekunden spielten sowohl für den TuS N-Lübbecke als auch für GWD Minden Schicksal. Für beide bedeuteten sie am Ende eine 29:30-Niederlage. Während die Pfänder-Mannen unglücklich beim TBV Lemgo unterlagen, mussten sich die »Grün-Weißen« vor 2150 dennoch begeisterten Zuschauern in der Kampa-Halle dem HSV Handball Hamburg beugen. Wieder einmal wurde eine engagierte Leistung der »Löwen« nicht belohnt.

»Ich weiß nicht, wo wir stehen würden, wenn die Ergebnisse der Hinrunde den gezeigten Leistungen entsprochen hätten«, zuckte Stephan Just (er verletzte sich erneut am Fuß und muss untersucht werden) nach dem Schlusspfiff enttäuscht und stolz zugleich mit den Schultern. »Bislang sind wir nie belohnt worden. Ich denke aber, dass das Glück in der Rückrunde als ausgleichende Gerechtigkeit auf unserer Seite sein wird.«
Sieben Punkte stehen auf der Habenseite der Mindener. Es hätten durchaus einige mehr sein können. Bei den Gastspielen in Kronau, Göppingen, Melsungen, Wilhelmshaven oder Lübbecke bestand durchaus die Chance dazu, mehr als nur den einen Zähler mit nach Minden zu nehmen. Schmerzhaft dagegen waren die Heimpleiten gegen Düsseldorf und - damals stark dezimiert - gegen Großwallstadt. Die Leistungen waren fast immer bis auf einen kleinen Hänger dazu angetan, Optimismus an der Weser zu verbreiten. Doch letztlich zählen nur die Punkte. Und da haben einige Teams, die mit den Mindenern auf Augenhöhe stehen, nun mal mehr auf ihrem Konto.
Gegen die erheblich besser besetzten Hamburger wurde das große Engagement, die Moral und Leidenschaft, der Glaube an sich und das stete Aufbäumen nach Rückschlägen nicht belohnt. Der Handball-Gott scheint kein Mindener zu sein, sonst hätte er wohl auch den beiden überaus schwachen Unparteiischen Pioro/Strick etwas mehr Fingerspitzengefühl bei ihren Entscheidungen verliehen. In der ersten Halbzeit fühlte sich GWD jedenfalls nicht zu Unrecht benachteiligt, verzeichnete nach der Pause zwar zunächst einen Bonus, um dann in der Endphase erneut nicht die besten Karten bei den Spielleitern zu haben. »Ich will die Niederlage nicht an den Schiedsrichtern festmachen, weil auch Hamburg einige unverständliche Pfiffe hat hinnehmen müssen, sie haben uns aber im Gegensatz zum HSV die Big-Points genommen«, ärgerte sich GWD-Trainer Richard Ratka.
Allerdings musste auch er bestätigen, dass die verschlafene Anfangsphase trotz einiger einseitiger Pfiffe eindeutig auf die Kappe seiner Mannen ging. Insbesondere Dimitri Kouzelev schien sich im Tiefschlaf zu befinden. Vier gravierende Abwehrpatzer, als er jeweils zu spät am Mann war, zudem zwei Stürmerfouls, die auf der anderen Seite in dieser Phase nicht gepfiffen wurden, waren für die Schützlinge von Martin Schwalb, der als Trainer erstmals in Minden gewann (was ihm mit Wallau und Wetzlar nicht vergönnt war), ein gefundenes Fressen.
Die Gäste marschierten durch die zu brave GWD-Deckung wie ein Messer durch die Butter. Fehlende Aggressivität in der Defensive, die auch den durch Fieber angeschlagenen Malik Besirevic nicht ins Spiel kommen ließ, zudem eine zu schwache Rückzugsphase nach verworfenen Bällen oder technischen Fehlern machten es den Gästen leicht, sich über 0:2 auf 1:5 (7.) abzusetzen und Ratka über 3:8 beim 5:11 zu einer Auszeit zu zwingen.
Kurz zuvor hatte Arne Niemeyer nach fünfwöchiger Zwangspause sein Comeback geben müssen. Ratka stellte nach der Einwechslung des Kapitäns die Abwehr von 3:2:1 auf 6:0 um. Fortan war zwar mehr Aggressivität im Spiel, Hamburg lag dennoch bis zum 9:16 (20.) weiter souverän vorn. Doch GWD war nun erwacht, kam auf 13:17 heran und hätte sicherlich auch mit einem 15:17-Anschluss statt eines 14:18 in die Pause gehen können, hätte man eine 6:4-Überzahl nicht sogar mit 0:1 verloren. Nach dem Wechsel profitierten die Hausherren zunächst von dem einen oder anderen Pfiff der Unparteiischen, aber auch von einer Sendepause des HSV im Angriff. Beim 17:18 (35.) kochten die Fans auf der Tribüne.
GWD witterte Morgenluft und ließ sich trotz des 22:25 (24:25) und 24:28 (27:29) nicht mehr abschütteln. Schade nur, dass Moritz Schäpsmeier in dieser Phase freistehend am Tor vorbei warf, Dimitri Kouzelev in Überzahl den Ball nicht an Stojanovic vorbeibrachte und zwei zweifelhafte Entscheidungen Hamburg glücklich den Ball bescherten. Dennoch schaffte Arne Niemeyer eineinhalb Minuten vor Schluss den 29:30-Anschluss.
Und als Roman Pungartnik acht Sekunden vor Spielende mit einem harmlosen Ball am starken Björn Buhrmester scheiterte, bot sich sogar die Chance zum hochverdienten Remis. Doch Ivan Vukas scheiterte völlig freistehend an den langen Armen von Stojanovic. Wieder einmal wurde GWD die Grausamkeit des Sports aufgezeichnet, stand man trotz der Anerkennung der Fans mit leeren Händen da.

Artikel vom 23.12.2005