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Junge »Fußball-Oma« läuft allen davon

Trotz Herzschrittmacher: Heike Luhmeyer (43) kickt in der ersten Damenmannschaft des BV

Von Dunja Henkenjohann
Werther (WB). »Und was machen wir jetzt?«. Wenn ihre Mitspielerinnen nach dem Fußballspiel erschöpft in die Kabine gehen, könnte Heike Luhmeyer an manchen Tagen noch eins draufsetzen. Dabei ist die Kickerin aus Spenge mit 43 Jahren nicht nur die Älteste in der ersten Damenmannschaft des BV Werther. Sie trägt auch einen Herzschrittmacher. Und hier gehört sie zu den jüngeren.

»Mama läuft allen weg, sie ist unermüdlich«, sagt Tochter Stefanie Luhmeyer, die ebenfalls im Team des Trainer-Duos Ralf und Larissa Struck kickt. Doch es gibt auch andere Tage. Dann fühlt sich Heike Luhmeyer erschöpft. »Das Training muss man dann auch sausen lassen können«, sagt sie.
Beim Fußballspielen bemerkt Heike Luhmeyer die ersten Symptome. »Nach dem Spiel wurde mir oft schwindelig, ich bin mehrmals bewusstlos geworden«, erinnert sich die Mutter von zwei Kindern. Jahrelang können die Ärzte nichts feststellen. Denn: Herzrhythmusstörungen sind - bis zu einem gewissen Grad - nichts Ungewöhnliches. Und das Durchschnittsalter für einen Herzschrittmacher liegt bei 75 Jahren.
»Schließlich hat man mir einen Herzkatheter gelegt, um herauszufinden, was mir fehlt«, erzählt Heike Luhmeyer. Dass es wirklich Herzrythmusstörungen sind, sei in der ersten Sekunde durchaus ein Schock gewesen. »Ich habe halt vorher schon mal gesagt: Wenn das so weiter geht, bekomme ich eines Tages noch einen Herzschrittmacher«, erinnert sich Heike Luhmeyer. »Doch als die Diagnose feststand, habe ich mir weniger Sorgen um mich, als um meine Kinder gemacht. Die waren erst sechs und zehn Jahre alt, mussten doch in die Schule.«
Im November 1993 kommt die damals 31-Jährige unters Messer. Im Städtischen Klinkum Bielefeld wird ihr ein Herzschrittmacher implantiert. Eine Metallscheibe von etwa fünf Zentimetern Durchmesser - eine Batterie mit Elektronik - soll fortan den regelmäßigen Herzschlag managen. Luhmeyer: »Im ruhigen Zustand hat mein Herz manchmal weniger als 23 Mal pro Minute geschlagen.«
Ein halbes Jahr verbringt Heike Luhmeyer im Krankenhaus. »Ich habe alle Komplikationen mitgenommen«, erzählt sie. Das Herz entzündet sich, das Kabel verrutscht, schließlich nimmt der Körper den ersten Schrittmacher nicht an. Im April bekommt sie den zweiten Herzschrittmacher, der erneute Anlauf funktioniert.
»Ich habe seit 1975 immer Fußball gespielt«, sagt Heike Luhmeyer, die bis zu ihrem Wechsel zum BV Werther vor zwei Jahren bei Arminia Bielefeld gespielt hat. Deswegen kann sie die Hände auch nicht in den Schoß legen, als sie aus dem Krankenhaus entlassen wird. »Ich habe relativ schnell wieder angefangen, Sport zu treiben. Aber nur Radfahren und Laufen hat mir nicht gereicht«, erzählt sie. Und: »Durch den Sport ging's mir deutlich besser.«
Heute kickt Heike Luhmeyer im Team wie jede andere Spielerin auch. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie die älteste Spielerin und sogar schon Oma ist. Zum Ende vergangener Saison sind die BV-Damen in die Landesliga aufgestiegen, haben gerade die Hinrunde mit dem Titel des Herbstmeisters abgeschlossen.
Ihren Herzschrittmacher nimmt Heike Luhmyer inzwischen gar nicht mehr wahr. »Am Anfang habe ich noch gemerkt, wenn er angesprungen ist. Das fühlt sich an wie ein ganz leichter Stromschlag.« Heute spürt sie nur noch, wenn jemand in ihrer Nähe mit dem Handy telefoniert. Luhmeyer: »Geräte mit elektromagnetischen Feldern sollte ich meiden. Deswegen habe ich auch kein Mobiltelefon. Auch meine Familie, Bekannte und Mitspielerinnen nehmen Rücksicht.« Ebenso macht die Lageristin einen großen Bogen um laufende Mikrowellen, denn auch dadurch wird der Herzschrittmacher beeinflusst. »Und das fühlt sich an, als ob jemand von innen gegen die Brust schlägt«, erzählt sie.
Im Oktober ging's für Heike Luhmeyer erneut ins Krankenhaus. »Alle fünf bis zwölf Jahre muss der Schrittmacher ausgewechselt werden, dann neigt sich die Batterie dem Ende zu«, erzählt Luhmeyer. Eine Woche hat sie im Krankenhaus verbracht, ist inzwischen wieder topfit. Die Rückrunde kann also kommen.

Artikel vom 24.12.2005