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Solidarität der Mitglieder steht für den Erfolg

In zwei Steinheimer Ortsteilen wurden vor 100 Jahren »Spar- und Darlehnskassen« gegründet

Bergheim/Vinsebeck (nf). Die Idee war ebenso genial wie einfach: Hilfe zur Selbsthilfe lautete das Rezept des Westerwälder Bürgermeisters Friedrich-Wilhelm Raiffeisen, mit dem der vor mehr als 100 Jahren für ein Wirtschaftsprogramm zugunsten kleiner Leute, in erster Linie Handwerker, Kaufleute und Landwirte sorgte.

Vor genau 100 Jahren erfolgte auch in Bergheim und Vinsebeck auf genossenschaftlicher Basis die Gründung einer Spar- und Darlehnkasse. Solche genossenschaftlichen Banken gaben gerade kleinen Leuten die Möglichkeit, eigenen Sparsinn zu fördern und zu entwickeln, aber auch Schwachen zu helfen. Solche Einrichtungen waren somit Kinder der Not, gaben aber wirtschaftliche Hoffnung und waren geprägt von Einfallsreichtum und einem ausgeprägten Überlebenswillen. Zum Schlüssel des Erfolgs wurde die Devise »Wir helfen uns selbst«. In die Stadthalle Steinheim waren jetzt mehr als 300 Mitglieder und Kunden aus Bergheim und Vinsebeck gekommen, die vom Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Göke begrüßt wurden, um auf den Tag genau das 100-jährige Jubiläum der Spar- und Darlehnskassen Bergheim und Vinsebeck zu feiern (wir berichteten im Vorfeld).
Zur Stimmung der Geburtstagsparty leisteten der Spielmannszug Bergheim, der Spielmannszug Vinsebeck und der Musikverein Vinsebeck-Leopoldstal einen musikalischen Beitrag, während der bekannte Entertainer und Bauchredner »Master Me« mit seinen Puppen den humorvollen Part übernahm.
Es waren 39 Mitglieder, die am 17. Dezember 1905 den Vinsebecker Spar- und Darlehnskassenverein gründeten. Am gleichen Tag fand auch in Bergheim eine solche Gründung statt, mit 56 Landwirten, Handwerkern, Arbeitern und kleinen Gewerbetreibenden. Paul Löneke und Helmut Wortmann, Direktoren der Volksbank Bad Driburg-Brakel-Steinheim, konnten anhand vieler originalgetreuer Aufzeichnungen die Geschichte der beiden Banken nachzeichnen.
In Bergheim bildeten die Bauern Franz Mönikes und Bernhard Wakup mit dem Stellmacher Johann Müller, dem Schneidermeister Josef Weber und dem Zimmermeister Ludolf Westerwelle den ersten Vorstand. Erster Rendant war der Lehrer Franz Schmidt, der dieses Amt bis 1912 ausübte.
In Vinsebeck bestand der erste Vorstand aus den Maurermeistern Ferdinand Rüter und Karl Becker, aus Wilhelm Wakup, dem Tischlermeister Josef Birkenfeld und dem Ackerwirt Bernhard Echterling. Mit dem Lehrer Mertens bekam Vinsebeck einen Rendanten, der bis 1924 im Amt blieb.
Bis 1962 (Vinsebeck) und 1966 (Bergheim) währte die Geschichte der selbstständigen dörflichen Genossenschaftsbanken, dann kam es zur Fusion mit der damaligen Spar- und Darlehnskasse Steinheim.
Mit den beiden 95-jährigen Josef Tracht und Fritz Engelmann befanden sich zwei der damaligen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder unter den Gästen, die diese Fusion über die Bühne brachten.
In seiner humorvollen Art ging Tracht ans Mikrofon: »Die Steinheimer waren damals froh, dass sie uns kriegten!« Nach der Verschmelzung wurden und werden beide Banken als Zweigstellen weiter geführt.
Seit 1962 erlebte die Zweigstelle Vinsebeck eine dynamische Entwicklung: die Zahl der Mitglieder stieg von 113 auf 480, die Einlagen steigerten sich um das 27-fache und die Kredite um das 43-Fache.
Eine ähnliche Entwicklung verzeichnete Bergheim, wo sich die Mitgliederzahl von 153 auf 516 steigerte. »Von 1100 Einwohnern in Bergheim sind 82 Prozent unsere Kunden und 47 Prozent Mitglieder«, erklärte Wortmann über die Jubilare, die sich aus einer zarten Pflanze zu einem starken Baum der Volksbank Bad Driburg-Brakel-Steinheim entwickelten, die mit 20731 Mitgliedern und einer Bilanzsumme von 465 Millionen Euro (2005) in der Region sehr gut aufgestellt sei.
Bewusst verzichtet wurde zum 100-jährigen Jubiläum auf die früher üblichen Geschenke für die Mitglieder. Dafür durften sich alle Vinsebecker und Bergheimer Vereine über Spenden von jeweils 2700 Euro (pro Ortschaft) freuen.

Artikel vom 22.12.2005