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St. Nikolaus-Hospital vor der Schließung?

Marseille-Kliniken AG bietet dem Träger nochmal eine Chance für Verhandlungen


Büren (hpm/sts). Nach Informationen dieser Zeitung steht die Marseille-Kliniken AG nicht mehr für die Übernahme und Weiterführung des Bürener St. Nikolaus-Hospitals zur Verfügung, wenn heute, Freitag, die Entscheidung zur Schließung getroffen werden sollte. Das hat gestern ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage mitgeteilt.
Ausschlaggebend dafür sei die finanziell »katastrophale« Lage des Hauses, so Unternehmenssprecher Wolfpeter Hocke. Noch Anfang des Monats habe ein Kirchenvorstandsmitglied, das pikanterweise auch für das Krankenhaus in Salzkotten tätig sein soll, von einem Eigenkapital in Höhe von 300 000 Euro gesprochen. Ein inzwischen vorliegender Bericht eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers habe aber ganz andere Ergebnisse ergeben.
So müsse man - hochgerechnet auf das Jahresende - von einem Minus von 100 000 Euro in der Kasse ausgehen. Dazu kämen weitere 1,5 Millionen Euro an Forderungen, die nicht zu realisieren seien. Die laufenden Verluste dieses Jahres bezifferte der Sprecher auf 570 000 Euro, im kommenden Jahr sei mit einer ähnlichen Summe zu rechnen. Dazu müsse man, so Vorstandschef Axel Hölzer, noch notwendige Investitionen rechnen.
Das könne die Marseille-Gruppe allein nicht bewerkstelligen, so Hölzer, der deshalb von den Mitarbeitern des Hauses - wie gestern berichtet - einen befristeten Verzicht auf Teile des Gehaltes gefordert hatte. Er nannte es »Solidarbeitrag«. Marseille könne das Haus nur übernehmen, wenn die 75 Angestellten drei Jahre lang auf 20 Prozent ihres Gehaltes und sämtliche Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Nachtzuschläge) verzichten. Im Gegenzug wollte das Hamburger Unternehmen eine zweijährige Garantie geben, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.
Dieses Angebot bezeichneten die Angestellten nach ihrer gestrigen Versammlung als »Knebelvertrag«. Nach WV-Informationen haben nahezu alle Anwesenden das Marseille-Angebot abgelehnt. Zur Sicherung des Hauses und ihrer Arbeitsplätze hätten 95 Prozent der Belegschaft zustimmen sollen. »Wir sind doch nicht für die Fehler in den vergangenen Jahren verantwortlich. Nun aber spielt man uns den Schwarzen Peter zu«, so eine Stimme aus den Reihen der Belegschaft. Man habe errechnet, dass der verlangte Verzicht zwischen 300 und 500 Euro Verlust ausmache - pro Monat. Für viele Kollegen aber sei es die Wahl zwischen »Pest und Cholera«, zwischen geringerem Verdienst oder Arbeitslosigkeit.
Am späten Mittwoch hat der Kirchenvorstand der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus - er ist Träger des Hauses - getagt und im Beisein von Generalvikar Alfons Hardt über das weitere Vorgehen beraten. Man habe sich auf verschiedene Möglichkeiten eingestellt, hieß es dazu auf Anfrage aus der Pressestelle des Erzbischöflichen Generalvikariates.
Der Vorstand der Marseille-Kliniken-AG hat gestern Nachmittag laut Wolfpeter Hocke noch einmal das Angebot an den Krankenhaus-Träger erneuert, bis spätestens 20. Januar alle Opotionen zu prüfen, um die für heute, Freitag, anstehende Schließung des Krankenhauses doch noch zu verhindern.

Artikel vom 23.12.2005